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Rund 700 Schriftsteller, Journalisten und Verleger in fast 100 Ländern sind in den ersten sechs Monaten dieses Jahres auf Grund ihrer Tätigkeit bedroht, verhaftet oder sogar getötet worden. „Die Lage hat sich nicht verbessert“, sagte die Vizepräsidentin der Schriftstellervereinigung PEN Deutschland, Karin Clark, am Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse zum aktuellen „Writers-in-Prison-Bericht“.
Weil sie gegen Gewalt und Ungerechtigkeit angeschrieben hätten,seien 28 der verfolgten Autoren - unter anderem in Afrika, Mexiko und
Brasilien - ermordet und 33 mit dem Tod bedroht worden. 202
Schriftsteller und Autoren verbüßen dem Bericht zufolge
Gefängnisstrafen. Gegen 148 wurden Gerichtsverfahren eingeleitet.
Besorgnis erregend sei die Lage hier vor allem in der Türkei,
betonte Clark. Dort liefen derzeit gegen fast 50 Autoren Anklagen,
darunter auch gegen den Romanschriftsteller und diesjährigen
Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels Orhan Pamuk.
Pamuk ist wegen „öffentlicher Verunglimpfung des Türkentums“
angeklagt, weil er in einem Interview die Morde an Armeniern zwischen
1915 und 1917 sowie die Tötung von Kurden seit 1985 erwähnt hatte.
Der Prozess gegen Pamuk beginnt am 16. Dezember in Istanbul, ihm
droht eine Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren.
Die Anti-Terror-Gesetzgebung habe gerade totalitären Ländern den
Vorwand für Verfolgungen kritischer Stimmen gegeben, betonte Clark.
So würden in China, Vietnam, im Iran und in Tunesien zunehmend
Internet-Autoren ins Visier genommen und mit teils langjähriger Haft
bestraft.
Vor allem in Afrika nehmen dem Bericht zufolge Verleumdungsklagen
gegen Autoren zu, die Korruption und andere Verbrechen in den
Machtapparaten anzuprangern wagten.
Das „Writers in Prison Committee“ der internationalen PEN-Zentren
setzt sich seit 1960 für verfolgte Schriftsteller und Journalisten
ein. Pro Jahr werde das Komitee in rund 1.000 Fällen aktiv, sagte
Clark. Auch im ersten Halbjahr 2005 seien erneut zahlreiche Proteste
und Appelle an Regierungen und Justizbehörden gerichtet worden, 42
Prozent mit Erfolg, sagte sie.