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Blühende Kulturlandschaften - Städte wetteifern um «Europäische Kulturhauptstadt 2010» - Jury-Empfehlung mit Spannung erwartet +++ Das Bewerbungsverfahren um die europäische Kulturhauptstadt 2010 +++ Die bisherigen europäischen Kulturhauptstädte +++ Ungarn gibt erste Entscheidung für 2010 bekannt
Blühende Kulturlandschaften - Städte wetteifern um «Europäische Kulturhauptstadt 2010» - Jury-Empfehlung mit Spannung erwartetBerlin (ddp). Blühende Kulturlandschaften in Deutschland: Im Wettstreit um den Titel «Europäische Kulturhauptstadt 2010» fahren die zehn deutschen Bewerberstädte groß auf. So sollen Museen erweitert, Konzertsäle gebaut und kulturelle Tagungen auf die Beine gestellt werden. Bremen plant eine «Bibliothek im Eis» in der Antarktis, Regensburg ließ per Hubschrauber über den Mitbewerberstädten 2010 Tüten mit Regensburger Spezialitäten abwerfen. Voraussichtlich am Donnerstag wird das Geheimnis um die Favoriten gelüftet. Dann will die unabhängige Jury eine Empfehlung für zwei bis vier Städte abgeben.
«Alle haben schon gewonnen, egal wie die Entscheidung ausgeht», sagt die SPD-Kulturexpertin Monika Griefahn. Laut der Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Kultur und Medien hat bereits der Bewerbungsprozess einen «Schub für alle Bewerberstädte» gebracht. «Kultur war wieder ein Thema oben auf der Agenda», betont Griefahn. Viele Städte hätten Private-Public-Partnerschaften mit Unternehmen und Verbänden gestartet. Diese Form der Kulturförderung habe durch den Bewerbungsprozess einen «Anstoß bekommen».
In den zehn Bewerberstädten Bremen, Braunschweig, Essen/Ruhrgebiet, Görlitz, Halle/Saale, Karlsruhe, Kassel, Lübeck, Potsdam und Regensburg wird die Entscheidung mit Spannung erwartet. Schließlich haben sich alle ins Zeug gelegt und Pläne geschmiedet. Essen will sich als Schmelztiegel der Kulturen vorstellen und hat ein großes deutsch-türkisches Fest im Programm. Bremen will die Behörden des hoch verschuldeten Bundeslandes schauspielerisch erobern und «Kafka im Finanzamt» aufführen.
Kassel wuchert vor allem damit, Ausrichter der alle fünf Jahre stattfindenden documenta, der weltgrößten Kunstausstellung, zu sein. Regensburg verpflichtete Skandal-Regisseur Christoph Schlingensief, der sogleich für Furore sorgte: In seinem Theaterstück über die Donaustadt empfahl er Essen anstatt Regensburg als Kulturhauptstadt.
Das Votum der siebenköpfigen Jury wird nach der offiziellen Bekanntgabe an den Bundesrat weitergeleitet, welcher der Auswahl des Experten-Gremiums voraussichtlich folgen wird. Im nächsten Schritt gehen die Vorschläge an die EU in Brüssel, wo die Vorauswahl des Bundesrates bis Ende September 2005 vorliegen muss. Auf EU-Ebene dauert das Auswahlverfahren noch rund ein weiteres Jahr. 2010 wird es neben einer deutschen auch eine ungarische Kulturhauptstadt geben.
Bereits im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Jury-Empfehlung hatte es hitzige Diskussionen um die als Favoriten gehandelten Städte gegeben. So warf der Deutsche Kulturrat der Jury vor, bereits eine Entscheidung getroffen zu haben, diese jedoch zurückzuhalten. Geschäftsführer Olaf Zimmermann befürchtete eine massive Einflussnahme der Länder auf die Jury. Auch Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) warnte vor parteipolitischen Erwägungen. Er sorgte sich, dass unabhängig von der Auswahl der Jury «am Schluss im Bundesrat nach parteipolitischen Kriterien entschieden wird».
Nadine Emmerich
Das Bewerbungsverfahren um die europäische Kulturhauptstadt 2010
Berlin (ddp). Bis zur Kulturhauptstadt 2010 ist es für die Bewerberstädte ein langer Weg. Im November 2004 rief die Kultusministerkonferenz (KMK) gemeinsam mit dem Bundesrat und dem Auswärtigen Amt eine deutsche Expertenjury ein. Diese tagte im Dezember erstmals in Berlin und besuchte im Januar und Februar 2005 alle Bewerberstädte. In einer Abschlusssitzung am Donnerstag und Freitag wird die Jury aus den zehn deutschen Bewerberstädten mindestens zwei, möglicherweise aber auch bis zu vier Städte auswählen. Diese Empfehlung wird über das Auswärtige Amt an den Bundesrat weitergeleitet.
Es gilt als sicher, dass der Bundesrat der Auswahl der siebenköpfigen Jury folgen und über das Auswärtige Amt die empfohlenen Städte nach Brüssel weiterleiten wird. Die Vorauswahl des Bundesrates muss bis zum 30. September 2005 in Brüssel vorliegen. Auf EU-Ebene dauert das Auswahlverfahren dann noch etwa ein Jahr. Bis Ende 2006 indes steht fest, wem der Europäische Rat den Titel «Kulturhauptstadt Europa 2010» verleihen wird.
In das Rennen um die europäische Kulturhauptstadt 2010 gehen Bremen, Braunschweig, Essen/Ruhrgebiet, Görlitz, Halle/Saale, Karlsruhe, Kassel, Lübeck, Potsdam und Regensburg. In der Jury sitzen unter anderen der ungarische Schriftsteller György Konrad und der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Adolf Muschg.
Die bisherigen europäischen Kulturhauptstädte
Seit 1985 gibt es jedes Jahr mindestens eine europäische Kulturhauptstadt. Diese Initiative geht auf die griechische Kultusministerin Melina Mercouri zurück. In Deutschland hatte zuletzt Weimar 1999 den Titel. Die Nachrichtenagentur ddp dokumentiert die vergangenen und bereits feststehenden künftigen europäischen Kulturhauptstädte:
1985: Athen
1986: Florenz
1987: Amsterdam
1988: Berlin
1989: Paris
1990: Glasgow
1991: Dublin
1992: Madrid
1993: Antwerpen
1994: Lissabon
1995: Luxemburg
1996: Kopenhagen
1997: Thessaloniki
1998: Stockholm
1999: Weimar
2000: Avignon, Bergen, Bologna, Brüssel, Helsinki, Krakau, Prag,
Reykjavik und Santiago de Compostela
2001: Rotterdam und Porto
2002: Brügge und Salamanca
2003: Graz
2004: Genua und Lille
2005: Cork
2006: Patras
2007: Luxemburg und Sibiu/Hermannstadt (Rumänien)
2008: Liverpool und Stavanger (Norwegen)
Ungarn gibt erste Entscheidung für 2010 bekannt
Die erste Entscheidung im Auswahlprozess um die ungarische Kulturhauptstadt Europas 2010 wurde heute vom ungarischen Kultusminister Dr. András Bozóki im Rahmen einer Pressekonferenz in Budapest bekanntgegeben. Von den 11 Bewerberstädten kommen nach dem Urteil der ungarischen Jury 7 Städte in die zweite Runde.
Die hochkarätige ungarische Jury sprach sich nach einer ausführlichen Beurteilung aller elf Bewerberstädte eindeutig und einstimmig zunächst für die drei Bewerberstädte Eger, Pécs und Miskolc aus. Diese drei Städte erhielten das einstimmige Votum der Jury. Dennoch einigte sich die Jury darauf, vier weitere ungarische Bewerberstädte in die zweite Runde zu nehmen, die Entscheidung für die Städte Budapest, Györ, Debrecen und Sopron wurde in der Jury mit einfacher Mehrheit gefällt. Alle sieben Städte sind nun in der zweiten Bewerbungsrunde.
Seit dem 25. Januar 2005 hatten sich die Mitglieder der ungarischen Jury mehrmals getroffen, um die teilweise sehr engagierten Bewerbungen der ungarischen Städte zu prüfen und diese sowohl nach den europäischen Evaluierungskriterien als auch nach einem ungarischen Kriterienkatalog zu bewerten.
Anders als in Deutschland wird sich Ungarn nicht auf das finale Urteil einer europäischen Expertenjury verlassen, sondern die Entscheidung für die dann endgültige ungarische Kulturhauptstadt Europas 2010 im Land Ungarn selbst treffen. Diese selbstbewusste Entscheidung hat Ungarn bereits im Herbst 2004 getroffen.
Bereits in einigen Monaten wird Ungarn eine Stadt nominieren und nach Brüssel melden. Der EU-Expertenjury bleibt dann keine Entscheidung für eine ungarische Stadt, sondern lediglich die Überprüfung der eingerichten Bewerbung einer einzigen ungarischen Stadt nach fachlichen EU-Evaluierungs-Kriterien. Nachdem das ungarische Kultusminsterium von den beteiligten Bewerberstädten ein sehr hohes Bewerbungsniveau einfordert, kann von einer sehr klaren Akzeptanz der ungarischen Bewerbung in Brüssel ausgegangen werden.
Die verbleibenden sieben ungarischen Städte haben nun Zeit, bis Ende Juni 2005 eine umfangreiche und sorgfältig ausgearbeitete Bewerbung einzureichen. Diese wird dann von der ungarischen Jury und zusätzlich von internationalen Experten geprüft.
Quelle: http://www.kultur2010.de