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Großer Festakt zur Eröffnung +++ Geschichte trifft Gegenwart +++ Muschg: Akademie für künftige Aufgaben «nicht gerüstet» +++ Die Aufgaben der Akademie
Berlin (ddp-bln). Es gibt einen neuen Top-Spot in der Hauptstadt, der manch anderer Sehenswürdigkeit den Rang streitig machen wird: das Glashaus der Akademie der Künste am Pariser Platz 4. Schon rasch könnte sich die Dachterrasse mit dem atemberaubenden Blick auf Pariser Platz, Brandenburger Tor, Reichstagskuppel und Präsidentensuite des Nobel-Hotels «Adlon» zu einer der ersten Schau-Adressen entwickeln, denn die Quadriga des Brandenburger Tors scheint in dieses Postkartenpanorama direkt einzureiten. Am Samstag wird der 56 Millionen Euro teure «neue Altbau» in der Mitte von Berlin-Mitte offiziell mit einem großen Festakt eröffnet.Schon von außen wird sichtbar, dass der Münchner Olympia-Architekt Günter Behnisch für die Akademie einen Bau von prachtvollem Understatement geschaffen hat. Und ein offenes Haus will der Pariser Platz 4 sein, bietet er doch auch einen Durchgang vom Brandenburger Tor zum neuen Holocaust-Mahnmal.
Die Akademie ist ein Club der ausgewählten Dichter, Musiker und bildenden Künstler. Nur wer als Mitglied in geheimer Wahl berufen wird, dem stehen die Türen offen zu dem elitären Traditionsclub. Derzeit können 373 Mitglieder stolz darauf sein, dazuzugehören. Doch das Haus hat ein anderes Konzept als die Akademie selbst: Luftig, hell und offen, so sieht Architekt Günter Behnisch den Auftritt der eher beschaulichen Akademie.
Ein Besuch im Cafe des Hauses sollte für Einheimische wie Touristen ein guter Anlass sein, das gesamte Gebäude bei einem Rundgang kennen zu lernen. Da führen breite Treppen aus Waschbeton von einer lichtdurchfluteten Etage in die nächste, grob verputzte Wände geben den passenden Rahmen für zeitgenössische Kunst, hippe Designer-Sessel laden auf jeder Etage dieser Herberge der Hochkultur zu einer Verschnaufpause ein. Dominant im Inneren und im krassen Gegensatz zum klassisch strengen Glas-Äußeren sind die vier über dem Foyer, der großen Treppe und dem Hallenbistro in den Himmel aufragenden Etagen.
Über neun Stockwerke erstreckt sich das Haus insgesamt, und immer wieder treffen Geschichte und Gegenwart aufeinander. Im Kellergewölbe schmücken noch Gemälde der alten Ost-Akademie die Wände, im Zentrum des Glasbaus erinnern die Ruinen an den alten Akademie-Bau. 1937 verdrängte Hitlers Architekt Albert Speer die Akademie und beanspruchte das Gebäude für seine Generalbaudirektion.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren am Pariser Platz von dem Gebäude an der Stelle nur die berühmten Liebermann-Säle übrig geblieben, benannt nach dem Leiter der Akademie von 1920 bis 1932, Max Liebermann. Von 1963 an teilten sich die Akademiker die Räume mit den DDR-Grenztruppen, die dort zwei Verhörbaracken und Zellen einbauten. Bereits 1990 wurde beschlossen, den Hauptsitz der Akademie der Künste am historischen Ort Pariser Platz 4 neu zu errichten.
Die Akademie befindet sich seit 2004 in der Trägerschaft des Bundes. Eine Akademie im Zentrum der Hauptstadt und im Zentrum der Republik wird künftig großen kulturpolitischen und künstlerischen Erwartungen gerecht werden müssen. Adolf Muschg, der Schweizer Schriftsteller, ist seit 2003 Akademiepräsident. Deutliche Akzente zur Profilierung der Akademie sind von ihm bislang nicht ausgegangen. Die gläserne Transparenz des neuen Prachtbaus, so hoffen viele Kulturinteressierte, wird sich vielleicht auch auf Arbeit und Darstellung der Akademie nach außen auswirken.
Angelika Rausch
Muschg: Akademie der Künste für künftige Aufgaben «nicht gerüstet»
Halle/Berlin (ddp-bln). Der Präsident der Akademie der Künste in Berlin, der Schweizer Schriftsteller Adolf Muschg, kritisiert den Zustand der Einrichtung. «Sie bedarf der Vitalisierung. Ein Sauerstoffstoß könne ihr nicht schaden», sagte er der in Halle erscheinenden «Mitteldeutschen Zeitung» (Freitagausgabe). Diesen Sauerstoffstoß erhofft sich Muschg von dem Umzug in das neue Gebäude am Brandenburger Tor: «Umzug ist wie Auswanderung: Man nimmt einen anderen Geist an», betonte er.
Muschg warf den Akademiemitgliedern eine «Selbstbehinderung» vor. Sie verharrten zu sehr in ihren Nischen: «Grenzüberschreitung zwischen den Künsten ist der Hauptreiz», unterstrich Muschg in der Zeitung. Für die künftigen Aufgaben sei die Akademie «noch nicht gerüstet». Aufgabe der Kunst sei die «Interventionspflicht in öffentlichen Angelegenheiten».
Der Neubau der Akademie der Künste am Pariser Platz wird am Samstag von Bundespräsident Horst Köhler und Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eröffnet.
Die Aufgaben der Akademie der Künste
Berlin (ddp-bln). Die Akademie der Künste ist eine von der Bundesrepublik Deutschland getragene Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie hat die Aufgabe, die Kunst zu fördern und die Bundesländer in allen Angelegenheiten der Kunst zu beraten und zu unterstützen.
Die Akademie soll öffentlich wirken und sich sowohl der Vermittlung neuer künstlerischer Tendenzen als auch der Pflege des kulturellen Erbes widmen. Im Rahmen dieser Aufgaben veranstaltet sie in Berlin und im Land Brandenburg unter anderem Kunst- und Dokumentationsausstellungen, Workshops, Konzerte, Vorträge, Lesungen, Film-, Theater- und Tanz-Aufführungen. Ein wesentlicher Bestandteil der Akademie ist die Stiftung Archiv, deren Sammlungsgebiet die Geschichte der Akademien der Künste in Berlin und der in ihr vertretenen Kunstsparten umfasst.
Als eine internationale Gemeinschaft von Künstlern beruft die Akademie in geheimer Abstimmung Mitglieder, deren Werk auf dem Gebiet der Bildenden Kunst, der Baukunst, der Musik, der Literatur, der Darstellenden Kunst sowie der Film- und Medienkunst anerkannt wird. Dabei handelt es sich um Persönlichkeiten, die die Kunst ihrer Zeit prägen und von denen erwartet wird, dass sie an den Aufgaben der Akademie mitwirken.
Die Mitglieder der einzelnen Abteilungen wählen jeweils ihren Direktor und dessen Stellvertreter; die Mitgliederversammlung wählt jeweils für drei Jahre den Präsidenten und den Vizepräsidenten. Die Direktoren der Abteilungen bilden gemeinsam den Senat der Akademie, der unter Vorsitz des Präsidenten tagt und über alle Vorhaben der Akademie der Künste berät und entscheidet.
Der Präsident, der Vizepräsident und die Direktoren üben ihre Aufgaben ehrenamtlich aus. Beschlussfassende Gremien sind die Abteilungen, der Senat und das Plenum, das anlässlich der Mitgliederversammlungen mindestens zweimal im Jahr zusammentritt.