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Angst vor dem letzten Vorhang - Bremens Theater droht Insolvenz

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Bremen (ddp-nrd). Ein Finanzloch von 4,7 Millionen Euro könnte der Stadt Bremen einen «Theatertod» bescheren. Seit zwei Wochen ist bekannt, dass im Haushalt des Bremer Theaters diese große Lücke klafft.

Während die Insolvenz wie ein Damoklesschwert über dem Vier-Sparten-Haus schwebt, arbeiten Kulturbetrieb und -behörde fieberhaft an einem tragfähigen Konzept, um das renommierte Haus zu retten. Am Dienstagnachmittag soll in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung die endgültige Entscheidung über den Fortbestand des Theaters fallen.

Mit der drohenden Pleite des Bremer Theaters steht das kulturelle Zentrum der Hansestadt zur Disposition. Ein Transparent mit der Aufschrift «Wir spielen weiter!» prangt quer über den Eingangssäulen am Goetheplatz. Neue Hoffnung, dass der letzte Vorhang am Theater noch nicht fallen wird, schöpfen die rund 440 Beschäftigten aus den Ergebnissen der Tarifverhandlungen am Freitag.

Nach neunstündiger Debatte hatten sich der Kommunale Arbeitgeberverband (KAV) und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di darauf verständigt, dass die Mitarbeiter das ausstehende Oktobergehalt ausgezahlt bekommen. Im Gegenzug verzichten die Angestellten in diesem Jahr auf die Auszahlung des Weihnachtsgeldes.
War der Vorschlag vor kurzem von Generalintendant Klaus Pierwoß noch als «absurd» abgetan worden, zeigen sich die Theaterbeschäftigten mittlerweile erleichtert. Am Haus wird das Zugeständnis als Durchbruch gewertet.

Das Theater und der Etat, es ist ein Drama in vielen Akten.
Finanzielle Engpässe zum Ende eines Theaterjahres kennt das Haus zu Genüge. Immer wieder fehlten Beträge in der Höhe von rund 1,5 Millionen Euro. Das wiederkehrende Problem wurde stets mit einem Überziehungskredit gelöst. Doch angesichts eines Minus von 4,7 Millionen Euro greift dieser Strohhalm nicht mehr. Der Etat von 24,4 Millionen Euro sei zu gering und die andauernden Diskussionen mit der Kulturbehörde «beschämend für eine Stadt, die vor einem Jahr noch Kulturhauptstadt werden wollte», betont Pierwoß unermüdlich.

Rückendeckung erhält der Intendant aus der Kulturszene. Die drohende Insolvenz eines Theaters, das unter bekannten Regisseuren Geschichte schrieb, hat deutschlandweit die Kulturschaffenden auf den Plan gerufen. Der Präsident des Deutschen Bühnenvereins, Klaus Zehelein, forderte, Bremen müsse seine schützende Hand über sein Theater halten. Klaus Bachler, Chef des Wiener Burgtheaters, spricht von einem «katastrophalen politischen und kulturellen Zeichen», und Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek bietet ihre «uneingeschränkte Solidarität» an.

Protestbriefe, Demonstrationen und Solidaritätsbekundungen stehen derzeit auf der Tagesordnung. Ebenso die Suche nach dem Schuldigen für das Desaster. Der Intendant verweist auf den vor kurzem entlassenen Geschäftsführer und die Politik. Bremens Kultursenator Jörg Kastendiek (CDU) muss das Problem ein- für allemal lösen. Er erwartet ein solides, tragbares Konzept vom Theater. Doch beide Seiten, sowohl das Theater und als auch die Stadt, werden zu ihren Teilen die Finanzkrise beenden müssen.

Große finanzielle Zugeständnisse kann Bremen sich als Haushaltsnotlageland nicht erlauben. 1,6 Prozent des Haushaltsetats fließen derzeit in die Kultur. Dennoch hat Kastendiek nach ersten Verhandlungen bereits signalisiert, dass er alle vier Sparten des Hauses erhalten möchte, wenn der Eigenbetrag des Theaters zur Sicherung des Hauses stimme. Da man dort bereits nach weiteren Einsparungen von 1,5 Millionen Euro gesucht hat und jetzt bereit ist, auf tarifliche Sonderzahlungen zu verzichten, scheint eine Insolvenzverkündung am Dienstag als höchst unwahrscheinlich.