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Tierische Konzerte - CDs für Tiere sollen den Lieblingen Entspannung und Gesundheit bringen - Studien hierzu fehlen bislang - Dass der Tierschutzverband dem Deutschen Musikrat beitritt, ist eher nicht zu vermuten...
Berlin (ddp). Aus dem Lautsprecher tönt Klaviermusik kombiniert mit Schnurr- und Sauggeräuschen. Auf dem Sofa rekelt sich Felix. Dem Karthäuser gefällt die «Katzenmusik» offenbar. Und die Klänge tun dem Kater nicht nur gut, sie können ihn sogar von Krankheiten kurieren. Das meint jedenfalls Tierheilpraktiker Joe Bodemann. Er entwickelt Musik speziell für Tiere. Im Oktober brachte der 51-Jährige sechs unterschiedliche CDs heraus: Heilende Musik für Hunde, Katzen, Pferde, Nager, Vögel und Fische.In seine Praxis kämen häufig Tiere mit einer langen Krankengeschichte, denen mit herkömmlichen Mitteln nicht geholfen werden könne, beschreibt Bodemann seine Idee. Deshalb habe er die musikalische Therapie entwickelt. «Menschen werden durch Klänge ja auch therapiert, warum sollte es also bei Tieren nicht funktionieren?» Doch Musik ist nicht gleich Musik, weiß der Filmtiertrainer inzwischen. Die gefiederten oder pelzigen Mitbewohner reagieren auf unterschiedliche Töne sehr unterschiedlich.
Für Wohlbefinden sorgten Urgeräusche wie das Schmatzen beim Nuckeln an den Zitzen der Mutter auf Hund und Katze oder das genüssliche Kauen von Gras auf Pferde, berichtet Bodemann. Deshalb kombiniert er diese Töne mit eigens zu diesem Zweck komponierter «richtiger» Musik. Diese Tiermusik wirke vor allem bei Nervenangelegenheiten. Katzen würden durch sie stubenrein, Kampffische weniger aggressiv und allergische Hunde und Pferde resistent.
Die musikalische Entspannung stärke wohl das Immunsystem, vermutet Bodemann. Wie seine CDs genau wirken, wisse er aber auch nicht. Entscheidend sei, dass sie «hinhauen». Und das offenbar selbst bei Fischen, die Töne über ihre Seitenlinie und das Innenohr aufnehmen - auch wenn für die Aquariumbewohner die Lautstärke etwas höher gedreht werden muss.
Auch Norbert Sachser von der Universität Münster kann sich eine positive Wirkung von Musik auf Tiere grundsätzlich «sehr gut vorstellen». Zwar gebe es bisher keine wissenschaftlichen Studien speziell zu diesem Thema. Unumstritten sei aber, dass zu einer Umwelt, in der es Tieren gut geht, viele Reize und damit auch akustische gehören. Wenn jemand behaupte, er heile erkrankte Tiere mit Musik, wäre er zwar eher skeptisch, sagt der Verhaltensbiologe. Zwischen Wohlbefinden und Krankheitsausbruch oder -verlauf bestehe aber ein Zusammenhang.
Von den meisten Medizinern wurde Bodemanns Ansatz jedoch, genau wie von Tierhaltern, Journalisten und Plattenlabeln, zunächst belächelt. Mittlerweile hätten sich aber immer mehr Menschen persönlich von der Wirksamkeit seiner CDs überzeugt, berichtet der Tierheilpraktiker. Pferdehalter kauften mehr von seiner Musik, nachdem sich deren entspannende Wirkung bei ihren Tieren einstelle. Und auch in Talkshows ist er inzwischen ab und an zu Gast. Mittlerweile sind seine Tier-CDs deutschlandweit, in Österreich und in der Schweiz in Musikgeschäften oder bei Online-Anbietern zu bestellen. «Die Nachfrage ist sehr groß», sagt Sven Hellwig, Geschäftsführer der Hellwig-Musik GmbH.
Im Zoologischen Garten in Berlin sind die CDs von Bodemann zwar noch nicht angekommen, doch hören Tiere hier schon seit Jahren Musik. Ein Pfleger sei eines Tages auf die Idee gekommen, im Nashornhaus ohne Publikumsverkehr ein Radio aufzustellen, damit die Tiere so ganz ohne Reize nicht dumpf werden, berichtet der leitende Tierarzt Andreas Ochs. Und den Dickhäutern scheint auch diese Unterhaltung zu gefallen: Jedenfalls gebe es - egal welcher Sender läuft - bisher keine «negativen Auswirkungen».
Svenja Kühnel