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Im Streit um die Insolvenz des traditionsreichen Berliner Aufbau-Verlags hat Eigentümer Bernd Lunkewitz schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung und die Geschäftsführung des Verlags erhoben.
Berlin/München (ddp). Der Streit um die Zukunft des traditionsreichen Berliner Aufbau-Verlags geht weiter. Rund zwei Wochen nach der Insolvenz hat der Eigentümer Bernd Lunkewitz schwere Vorwürfe gegen Bundesregierung und Verlagsgeschäftsführung erhoben. Ihm als Verleger werde «das Eigentum an seinem Verlag vom Staat vorenthalten», schrieb Lunkewitz in einem Beitrag für die «Süddeutsche Zeitung». Insolvenzverwalter Joachim Voigt-Salus sagte, trotz «großer gegensätzlicher Positionen» suchten der Verlag und Lunkewitz derzeit gemeinsam nach einem neuen Investor für das Haus.Nach Darstellung des Verlegers, der den einst bedeutendsten DDR-Verlag 1991 von der staatlichen Treuhand-Anstalt erworben hatte, entzieht sich die Bundesregierung bis heute der Verantwortung für die offenbar fehlerhaft abgewickelte Transaktion. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) weigere sich als Dienstherr bis heute, «für die Folgen der Gesetzesverstöße einzustehen», kritisierte Lunkewitz. Die Treuhand hatte den Verlag nach Darstellung des Verlegers verkauft, obwohl sie nicht im Besitz der Eigentumsrechte war. Folge ist ein bis heute andauernder Rechtsstreit um Besitzverhältnisse sowie Lizenzen und Rechte des Traditionsverlages.
Lunkewitz zog in seiner Stellungnahme Parallelen zur staatlichen Enteignung der Verleger in der DDR der 50er Jahre. «Die Vorgänge um den Aufbau-Verlag seit der Wende sind etwas verbrämt genau das Gleiche», schrieb Lunkewitz. Einem Verleger werde «das Eigentum an seinem Verlag vom Staat vorenthalten». Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte die Mängel beim Verkauf Anfang März bestätigt.
Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums wies die Vorwürfe zurück. Zwar seien viele Fragen im Zusammenhang mit dem Verkauf bisher «nicht endgültig geklärt», allerdings müssten diese juristisch entschieden werden, sagte der Sprecher. Aus Sicht der zuständigen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) als Treuhand-Nachfolgerin sei die «Eigentumsübertragung 1991 ordnungsgemäß vollzogen worden».
Der Insolvenzverwalter des Verlages, Voigt-Salus, versuchte derweil, zumindest den Streit zwischen Lunkewitz und der verbliebenen Geschäftsführung des Hauses zu beruhigen. Trotz «großer gegensätzlicher Positionen» zwischen Lunkewitz, der Geschäftsführung und dem Insolvenzverwalter führe man «konstruktive» Gespräche, versicherte Voigt-Salus. Ziel sei, «den Verlag gemeinsam zu verkaufen». Strittig sei allerdings nach wie vor, welche Verlagsrechte Teil der Insolvenzmasse seien und welche von Lunkewitz beansprucht werde könnten, sagte der Insolvenzverwalter.
Der Aufbau-Verlag war am 30. Mai in die Insolvenz gegangen, weil Eigentümer Lunkewitz die Übernahme weiterer Zahlungsverpflichtungen abgelehnt hatte. Verlagsgeschäftsführer René Strien hatte danach kritisiert, der Verleger habe sich «bei Nacht und Nebel aus dem Verlag» geschlichen. Lunkewitz wies die Kritik am Montag als anmaßend zurück: «Wie in einem Scheidungskrieg über das Tafelsilber» sei er «als habgieriger, charakterloser Lump verteufelt» worden, schrieb der Verleger, der nach eigenen Angaben seit 1991 rund 50 Millionen Euro in das Haus investiert hat.
In einem Punkt scheinen sich die Parteien allerdings einig zu sein. Sowohl Lunkewitz als auch Voigt-Salus wollen offenbar weiter Regressansprüche gegen die Bundesregierung geltend machen. Nach Medienberichten beziffert Lunkewitz seine Schadensersatzforderungen gegen die BvS auf rund 183 Millionen Euro. Auch Voigt-Salus teilte mit, dass aufgrund der «fehlerhaften Gründung» des Aufbau-Verlags nach der Wende untersucht werde, ob die Rechtsnachfolgerin der Treuhand «in Anspruch genommen werden muss».
Michael Draeke