Augsburg ist als rund 260.000 Einwohner zählende Hauptstadt des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben eine Stadt mit Tradition. Die Gründung geht auf die Zeit des römischen Kaisers Augustus vor über 2.000 Jahren zurück, das Handelsgeschick der Häuser Fugger und Welser führte das Gemeinwesen zu beträchtlichem Wohlstand. Leopold Mozart lebte hier. Und heute?
Augsburg ist als rund 260.000 Einwohner zählende Hauptstadt des bayerischen Regierungsbezirks Schwaben eine Stadt mit Tradition. Die Gründung geht auf die Zeit des römischen Kaisers Augustus vor über 2.000 Jahren zurück, das Handelsgeschick der Häuser Fugger und Welser führte das Gemeinwesen zu beträchtlichem Wohlstand. Leopold Mozart lebte hier. Und heute?Heute ist Augsburg eine Stadt, die sich ihrer gesellschaftspolitischen Stellung und geschichtlichen Bedeutung bewusst ist. Sie unterhält, natürlich, eine städtische Musikschule, das Stadttheater ist den drei Sparten Musiktheater, Schauspiel und Ballett verpflichtet. Ein durchaus hohes Niveau bescheinigte der im Februar ausgetragene Regionalentscheid von “Jugend musiziert“ dem Unterricht in Augsburg und seiner Region: alle Teilnehmer wurden mit Preisen ausgezeichnet.Wenig leutselig sind die Augsburger, heißt es. Vielleicht muss man diese – zugegebenermaßen nicht ganz frei erfundene – Einschätzung für den Bereich der Musikkultur etwas differenzierter betrachten. Mit dem richtigen Projekt und genügend Ausdauer kann auch der behäbige Augsburger Schwabe mobilisiert werden. Die aktuelle Spielzeit im Stadttheater lief für die Sparte Musiktheater äußerst erfolgreich an. Vorstellungen von „La Traviata”, „Evita“ und „Der Rosenkavalier“ wurden vor bis auf den letzten Stehplatz ausverkauftem Haus gegeben. Daneben stehen Wiederaufnahmen von Mozarts „Gärtnerin aus Liebe“ oder Lehárs „Land des Lächelns“. Hinter solcher Planung steckt Methode. Man will mit beliebten Komponis-ten und bekannten Werken endlich den Weg aus den roten Zahlen finden, was in einer Zeit, in der die Subventionierung von Kultur immer wieder in Frage gestellt wird, auch bitter nötig erscheint. Auf der Strecke dürfte wohl fürs erste die Experimentierfreudigkeit mit jungen und/oder weniger bekannten Werken bleiben, die ja erfahrungsgemäß keine Garanten für volle Häuser und zufriedene Abonnenten sind. Immerhin hat bisher kein grundsätzlicher Qualitätsverlust stattgefunden, wie die aktuelle Neuproduktion von Werner Egks „Der Revisor“ beweist. Sie wartet mit einer intelligent-subtilen Inszenierung (Peter Kirchner) auf und profitiert von der präzis-schnörkellosen musikalischen Ausgestaltung Hans Norbert Bihlmaiers. Aus zwei Gründen passt sie in den Spielplan: Egk wurde in der Region geboren (er besuchte ein Augsburger Gymnasium) und sein 100. Geburtstag wird in diesem Jahr bayernweit mit mehr als 80 Veranstaltungen gefeiert.
Entscheidend mitverantwortlich für das neu entfachte große Interesse an der Spielstätte ist eine breit angelegte offensive Öffentlichkeitsarbeit des in seiner zweiten Spielzeit tätigen Intendanten Ulrich Peters. So holte er Literaten ins Theater, veranstaltete den Opernball erstmals im stilvollen Ambiente des großen Hauses und spricht mit einfallsreichen Aktionen vermehrt gerade junge Menschen an. In Zahlen ausgedrückt erreichte Peters in seinem ersten Augsburger Jahr eine allein im großen Haus um 9 auf 68 Prozent gestiegene Auslastung. Und müss-te man für die vergangene Freilichtbühnensaison nicht zwölf wetterbedingte Vorstellungsausfälle beklagen, wäre das Geschäftsjahr 1999/2000 sogar mit einem leichten Plus zu Ende gegangen. Wie es in Zukunft mit dem Augsburger Musiktheater weitergeht, hängt auch davon ab, wer ab 2002 als neuer GMD für den scheidenden Peter Leonard am Dirigentenpult stehen wird.
Der Jazz dagegen hat in Augsburg derzeit keine auf Örtlichkeiten zu begrenzende Szene. Er lebt vielmehr von Einzelpersonen, die mit ihren Visionen die Dinge bewegen wollen. Der Vibraphonist Wolfgang Lackerschmid ist einer von ihnen. Ohne Unterstützung von offizieller Stelle gelang es ihm, über vier Jahre hinweg im ganz zentral in der malerischen Altstadt gelegenen „Traumraum“ eine Konzertreihe zu etablieren. Seit dem Jahreswechsel gibt er anderer Arbeit den Vorzug und produziert im eigenen Tonstudio Aufnahmen internationaler Künstler.
Mit der Schließung des „Underground“ Ende 1996 ging ein Kapitel Jazzgeschichte in der Fuggerstadt zu Ende. Hier hatte sich zu Beginn der 90er-Jahre eine lokale Szene zu etab-lieren begonnen. Die Musiker der Szene haben sich inzwischen in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Das Aus war aus finanziellen Gründen gekommen, am Zuspruch der Musiker oder des Publikums lag es nicht. Heute, zehn Jahre später, unternimmt Ursula Jarach, damals Betreiberin des „Underground”, einen neuen Versuch, dem hiesigen Jazz eine Heimstatt zu geben: In der „Kulturfabrik“ organisiert sie seit Februar wieder einmal pro Monat eine offene Jamsession. Die eingestellten Traumraumkonzerte und die Schließung des „Underground“ haben eines gemein: Mit mehr Hilfe aus der Kulturpolitik hätten beide Veranstalter ihren wichtigen Beitrag zum Jazzleben der Region vermutlich weiterhin leisten können. Während die Stadt Augsburg am 37-Millionen-Mark-Etat des Theaters (1999/2000) einen Anteil von 20,5 Millionen trug, sieht sie sich in punkto Jazz in der Veranstalter-Rolle des „Augsburger Jazz-Sommers“ mit jährlich fünf Freiluftkonzerten im Botanischen Garten und vier bis fünf Kneipenkonzerten zur Genüge in die Pflicht genommen. Gerade aber die kleineren, privat initiierten Events und Reihen sind es wert, dass man ihnen etwas unter die Arme greift, um kreatives Potenzial nicht aus Nachlässigkeit oder Ignoranz verkümmern zu lassen.
Durchaus erfreulich dagegen die Situation in der musikalischen Basisarbeit. An die 2.500 Schüler werden allein an der städtischen Albert-Greiner-Sing- und Musikschule unterrichtet, weitere 350 bei den traditionsreichen Augsburger Domsingknaben, wo nicht nur die Dommusik selbst, sondern auch ein breit gefächerter Instrumentalunterricht angeboten wird. Auch kennt man dort heute keine Berührungsängste mit der weltlichen Musik. Die besten der Sänger, deren Ausbildung im Alter von fünf Jahren beginnt und mit 25 endet, dürfen nicht nur am Augsburger Stadttheater singen, sondern profitieren auch von einer ständigen Kooperation ihres Instituts mit großen Opernhäusern im In- und Ausland.
Seit der Umgestaltung des Leopold-Mozart-Konservatoriums zur Hochschule für Musik Nürnberg-Augsburg ist die Attraktivität des Standortes Augsburg in Sachen Musikstudium gestiegen. Im Wintersemester wurden an der Abteilung Augsburg 214 Studenten ausgebildet. Fünf Professuren hatte man hier anfangs eingerichtet, hinzu kamen Evaluationsprofessuren vieler Dozenten des vormaligen Konservatoriums, von denen weitere sechs im Oktober zu ordentlichen Professoren ernannt werden.
Die Musik in Augsburg hat allen Grund, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken, doch täten die Verantwortlichen gut daran, sich um mehr Ausgewogenheit in der Förderung zu bemühen, um gerade den Jazz nicht aufs Abstellgleis zu stellen. Dann könnte man nicht nur stolz auf eine traditionsreiche Vergangenheit, sondern auch auf ein prosperierendes und lebendiges Hier und Jetzt verweisen.