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"Mafia-Methoden", "operettenhaftes Verhalten", "Erpressung" - im Streit um eine Reform der Berliner Opernhäuser wird der Ton in dem Maße schärfer, wie die Lage verworrener wird.
orf - Nachdem am Wochenende die Intendanten der drei Musikbühnen mit harschen Worten Kultursenator Thomas Flierl (PDS) ihre weitere Mitarbeit an der geplanten gemeinsamen Opernstiftung in der Hauptstadt aufgekündigt hatten, zeichnet sich ein Kampf aller gegen alle ab. Als erster wagte sich Peter Mussbach, Intendant der Staatsoper Unter den Linden, aus der Deckung.Wenige Stunden nach der Absage der Opernchefs schlug Mussbach am Montag im Alleingang die Verwandlung seiner Oper in eine Stiftung vor. Nach dem Vorbild der Berliner Philharmoniker könnte sich der Bund daran finanziell beteiligen. Deutsche Oper und Komische Oper sollten weiter städtisch bleiben.
Mussbachs Solo via Zeitungsinterview ist vorläufiger Höhepunkt des seit Monaten schwelenden Konflikts um die Berliner Opern. Nun gerät auch Kultursenator Flierl stärker unter Druck. Der PDS-Politiker sollte bis Ende des Jahres dem Abgeordnetenhaus einen Reformplan vorlegen. Seine Vorgabe: Bis 2006 sollen die Subventionen für die drei Häuser von jährlich etwa 115 Millionen Euro um ein Drittel gekürzt werden. Flierl wollte sich dafür die Rückendeckung der Opernchefs holen - bislang vergeblich.
Der Senator will die Häuser mit Hilfe einer Stiftung abspecken. Unter dem gemeinsamen Dach sollen sie sich Werkstätten und Verwaltung teilen. Allerdings müssten sie dann auch gegenseitig für die jeweiligen Defizite einstehen. Die Intendanten wollen dabei nicht mitspielen und warnen vor übertriebenen Sparerwartungen. Mit einer Stiftung ließen sich höchstens drei Millionen Euro einsparen.
Auch eine Zusammenlegung von Staatsoper und Deutscher Oper, die vor allem in der SPD starke Befürworter hat, stößt bei den Opernchefs auf Granit. Sogar vor einer Fusion von Daniel Barenboims Staatskapelle mit dem von Jungstar Christian Thielemann geführten Orchester der Deutschen Oper ist die Rede.
Vor allem an der Staatsoper regt sich Widerstand. Mit üppigen Produktionen und Barenboims gutem Namen spielt das repräsentative Haus am Lindenboulevard fast ein Drittel seines Etats selbst ein und möchte mit den anderen Häusern nicht in einem Boot sitzen. "Wir wollen als gesundes Haus nicht mit zwei Kranken zusammengelegt werden", heißt es aus der Staatsoper.
Die Intendanten halten weder etwas von einer Zusammenlegung zweier Häuser noch vom so genannten "Drei-Säulen-Modell" Flierls. Eine Stiftung sehen sie als verkappte "Großfusion", bei der jedes Haus die Eigenständigkeit verlieren würde. "So einen Unsinn wollen wir nicht mitmachen", sagt Udo Zimmermann, der scheidende Intendant der Deutschen Oper.
Die Ablehnung des Flierl-Plans dürfte die einzige Gemeinsamkeit der Intendanten sein. Vor allem in Fragen des Repertoires herrscht Zwist. Müssen alle drei Häuser aufwendige Wagner- oder Strauss-Opern spielen oder wäre es nicht sinnvoller, wenn sich jede Bühne entsprechend ihrer Größe auf bestimmte Gattungen und Musikepochen beschränkt? Darüber sind sich die Intendanten schon mehrmals in die Haare geraten. Dass Pultstar Daniel Barenboim in Zukunft auf glanzvolle Wagner-Opern an seinem Haus verzichtet - das bezweifeln allerdings viele Beobachter der Berliner Musikszene.