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Bühnenverein setzt Zeichen

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Rabatt bei ALG II - Theater bieten Billig-Tickets für Arbeitslose an - Bühnenverein gegen Veranstaltungen für «finanzielle Eliten»

Berlin (ddp). Theater und Opernhäuser stehen unter großem Kostendruck: Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst lassen die Kosten für die Beschäftigten steigen, gleichzeitig sinken vielerorts die Zuschüsse durch staatliche Träger. Trotzdem haben sich Bühnen in Deutschland entschlossen, den Empfängern von Arbeitslosengeld II (ALG II) verbilligte Tickets anzubieten. «Das ist ein gutes Signal», sagt der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin. Die Bühnen wollten ein Zeichen setzen, dass auch die Arbeitslosen von der Kultur nicht ausgeschlossen seien. «Öffentlich finanzierte Kultureinrichtungen dürfen keine Veranstaltungen für finanzielle Eliten bieten», betont Bolwin.

Vor allem in den neuen Bundesländern macht das Modell der Ein-Euro-Tickets Schule. Das Deutschen Nationaltheater Weimar verkauft bereits seit Februar Karten zu diesem Preis an Empfänger von ALG II. In Sachsen haben die Theater in Görlitz und Zittau die Idee aufgegriffen, um Betroffenen der «Hartz IV»-Reform entgegenzukommen. An den Bühnen Sachsen-Anhalts sind ermäßigte Tickets in der Regel ab vier Euro zu haben.

Auch die berühmte Semper-Oper in Dresden wollte eigentlich das Ein-Euro-Ticket einführen. "Wir haben aber Probleme mit dem Arbeitsamt», sagt die Leiterin des Besucherdienstes, Rosemarie Fasbender. Die Behörde habe den Nachweis, den die Oper für die Vergünstigung der Karten brauche, zu kompliziert gestalten wollen. Besucher sollten ihre schwierige finanzielle Lage so diskret wie möglich belegen können, etwa mit einem speziellen Ausweis, der von der Agentur ausgestellt ist, sagt Fasbender. «Aber wir werden es in der nächsten Spielzeit erneut versuchen», fügt sie hinzu.

Das Dresdner Staatsschauspiel hatte lediglich für seine «Dresdner Weber»-Aufführungen die Preise für Arbeitslose auf einen Euro gesenkt. Auch für die kommende Spielzeit sei über die gängigen Vergünstigungen hinaus nicht an Sondertarife für Arbeitslose gedacht, sagte ein Sprecher des Theaters.

Im Nationaltheater Weimar haben seit Einführung des Ein-Euro-Tickets fast 450 Besucher das Angebot genutzt, wie Pressedramaturgin Susann Leine sagt. Nicht nur ALG-II-Empfänger erhalten für nicht ausverkaufte Vorstellungen am Dienstag und Mittwoch Karten zu einem Euro, sondern auch auf Sozialhilfe angewiesene Familien und Asylbewerber. Das Angebot gilt jedoch nicht an Feiertagen oder für Premieren. Für die Sinfoniekonzerte der Staatskapelle Weimar sind ebenfalls Ein-Euro-Tickets zu haben.

In Berlin startete im Mai ein Projekt, das ALG-II-Empfängern einen Zugang zu nicht ausverkauften Vorstellungen zum Preis von drei Euro ermöglicht. Mit daran beteiligt sind das Deutsche Theater, der Friedrichstadtpalast, die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz und die Komische Oper. Beim Deutschen Theater, das die günstigen Karten bereits seit Februar anbietet, wurden bis Ende April fast 500 Drei-Euro-Tickets verkauft.

Etwas tiefer in die Tasche greifen müssen kulturinteressierte Arbeitslosengeldbezieher in den westdeutschen Großstädten. In vielen Städten wie zum Beispiel Hannover werden ALG-II-Bezieher mit Schülern und Studenten gleichgestellt und können ab einer bestimmten Preisgruppe Theaterkarten für das Staatsschauspiel zum Preis von sechs Euro kaufen. Die Staatsoper berechnet acht Euro pro Ticket für Sozialhilfe- und Arbeitslosengeldbezieher und Behinderte.

Angelika Rausch