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Dave Brubeck wird 85

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New York (dpa) - Mit schrägen Rhythmen startete Dave Brubeck immer wieder genüssliche Angriffe auf das Taktgefühl - er machte aber auch den Jazz gesellschaftsfähig. Aus rauchigen kleinen Untergrund-Bars holte er die mitreißende Improvisationsmusik 1959 in den Tempel der Klassik:

Damals brachte Leonard Bernstein in der New Yorker Carnegie Hall Brubecks umjubelte «Dialogues For Jazz Combo And Orchestra» mit den New Yorker Philharmonikern zur Uraufführung. Am Dienstag (6. Dezember) feiert Brubeck seinen 85. Geburtstag.

Er habe die «eigensinnigste und schönste Musik, die je gespielt wurde, seit der Jazz zur Welt kam» geschaffen, bestätigte ihm bereits 1954 das US-Magazin «Time». Kurz nach dem legendären Konzert mit den New Yorker Philharmonikern schaffte er mit dem «Dave Brubeck Quartet» 1960 auch den Sprung in das ganz große Plattengeschäft. «Time Out» war die erste Jazz-Platte, die sich mehr als eine Million Mal verkaufte. Allerdings sahen Musikkritiker einen Grund dafür in der Annäherung Brubecks an den allgemeinen Publikumsgeschmack. Seine Piano-Klänge waren gefälliger als in den Anfangsjahren, eingängige Rhythmen durchzogen die Titel, und Brubecks Saxofonist Paul Desmond achtete bei aller Freude an der Improvisation darauf, dass die Melodien nicht zu kurz kamen. Desmonds Komposition «Take Five» im ungewöhnlichen 5/4-Takt wurde ein Welthit.

Begonnen hatte Brubecks musikalische Laufbahn bereits im Elternhaus in Concord (Kalifornien). Die Mutter war Pianistin und brachte ihm schon früh das Klavierspielen bei. Mit 13 Jahren trat er in Profi-Bands auf, und mit 18 glaubte er, musikalisch nicht mehr viel hinzulernen zu müssen. Er studierte zunächst Tiermedizin, änderte jedoch rasch seine Richtung und widmete sich fortan ganz der Musik. Zu seinen Professoren gehörte der französische Komponist Darius Milhaud, der die strikte Trennung musikalischer Gattungen ablehnte. Milhaud ermunterte Brubeck, den damals bei vielen Weißen verpönten Jazz auszuprobieren. Die Freiheit des Improvisierens gefiel ihm so gut, dass er nie wieder davon ablassen sollte.

Noch während des Studiums gründete Brubeck seine erste Band. Mit dem bald als «West Coast Cool» bekannten Sound eroberte sie als erste Jazz-Gruppe die Konzertsäle der Universitäten und Hochschulen in den USA - ein deutliches Zeichen dafür, dass der Jazz die «Schmuddelecke» verlassen hatte. In führenden amerikanischen Clubs trat das «Dave Brubeck Quartet» mit Stars wie Stan Getz, Charlie Parker und Dizzy Gillespie auf. Später tourte die Band, deren Besetzung öfter wechselte, um die ganze Welt.

Vom «Original-Brubeck-Stil» ließen sich nicht nur unzählige Kollegen Brubecks, sondern auch vier seiner fünf Söhne beeinflussen. Nach mehreren Herzoperationen hat Brubeck selbst schon vor Jahren seine öffentlichen Auftritte reduziert. Zu Hause aber sitzt er noch jeden Tag am Klavier. «Er kann gar nicht aufhören zu spielen», sagt sein Sohn Chris.

Carla S. Reissman