Gebannt schauen die Bundesbürger derzeit nach Berlin. Finanzkrisen, Machtwechsel, neue Köpfe, neue Bundeskulturstiftung... Wie soll man da den Überblick behalten? Die wichtigs-ten Ereignisse hat die nmz-Redaktion in einem Berlin-Kulturnachrichtenti- cker zusammengefasst.
Nach vierzehn Monaten im Amt musste wegen des Machtwechsels in Berlin Kultursenator Christoph Stölzl seinen Posten verlassen. Nachfolgerin ist die 45-jährige Adrienne Goehler. Die Parteilose wurde von den Grünen nominiert und war bisher Präsidentin der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg.
100 Millionen für Berlin
Die Unterzeichnung des „Hauptstadt-Kulturvertrages“ gehörte zu den letzten Amthandlungen von Kultursenator Christoph Stölzl (CDU). Er und Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin unterzeichneten das Dokument am 13. Juni. Der Vertrag sieht vor, dass bei einer Laufzeit von mindestens vier Jahren der Bund jährlich 100 Millionen Mark für kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen Berlins zahlt. Davon sind 80 Millionen Mark zur Förderung von „Einrichtungen von nationaler Bedeutung“ vorgesehen, die restlichen 20 Millionen Mark ohne konkrete Bestimmung für den Hauptstadt-Kulturfonds.
SPD gründet Kulturforum
Die SPD hat im Juni ein Kulturforum Berlin gegründet. Winfried Sühlo, Staatssekretär a. D. in der Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten, ist Vorsitzender des Forums, das sich produktiv in den Streit um Kultur und Politik in Berlin einmischen soll.
Pleite abgewendet
Der Konkurs des Berliner Theater des Westens ist vorerst abgewendet. Die Bühne bleibe mit den für dieses Jahr verfügbaren Finanzmitteln zahlungsfähig, erklärten Kultursenatorin Adrienne Goehler (parteilos) und Intendant Elmar Ottenthal.
Umstrukturierung
Die Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH (R.O.C.) will neuer Träger des Berliner Konzerthauses am Gendarmenmarkt werden. Es sei laut Gesellschafterversammlung außerdem vorgesehen, das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB) mit dem Berliner Sinfonie-Orchester (BSO), dem Hausorchester des Konzerthauses, zu einem Klangkörper zu verschmelzen. Dagegen solle das Deutsche Symphonie-Orchester (DSO) unter seinem Chefdirigenten Kent Nagano auch weiterhin vorwiegend in der Philharmonie auftreten. Umsetzen soll diese Maßnahme Bettina Pesch, die neue Intendantin der R.O.C. GmbH. Sie war bisher Verwaltungsdirektorin der Oper Leipzig und löst am 1. Juli Dieter Rexroth ab. Er soll künftig die Dramaturgie des Hauses übernehmen.
R.O.C. GmbH ohne Bund?
Monika Griefahn (SPD), die Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien des Bundestages, geht davon aus, dass Berlin die von Nida-Rümelin geforderten Kompensationsprojekte benennen muss. Sie könne sich aber vorstellen, dass der Bund beispielsweise aus der Rundfunk-Orchester und -Chöre GmbH (R.O.C.) aussteige.
RIAS-Big Band
Der Streit um die Zukunft der RIAS Big Band hat sich zugespitzt. Wie der Förderverein des Jazz-Orchesters mitteilt, werde es im Wirtschaftsplan 2001 der Rundfunk-Orchester und
-Chöre GmbH (R.O.C) ab September nicht mehr aufgeführt.
Petrenko an Komische
Kirill Petrenko wird Generalmusikdirektor (GMD) der Komischen Oper Berlin. Er tritt in der Spielzeit 2002/03 Yakov Kreizbergs Nachfolge an.
Zwangsarbeiter
Udo Zimmermann, Intendant der Deutschen Oper Berlin, hat an die deutschen Theater appelliert, ebenfalls Verantwortung für die früheren Zwangsarbeiter zu übernehmen. Er geht davon aus, dass während des Zweiten Weltkrieges viele Bühnen ihren Spielbetrieb mit Zwangsarbeitern aufrechterhalten haben. So sei das Deutsche Opernhaus in Berlin unmittelbar dem Reichspropaganda-Ministerium unterstellt gewesen.
Bundeskulturstiftung
Im Jahr 2002 soll die Bundeskulturstiftung ihre Arbeit aufnehmen. Grundanliegen wird es sein, die zeitgenössische Kunst im internationalen Kontext zu fördern. Mehr darüber auf den Seiten 8 und 9.
Bestandsgarantie
Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit (SPD), hat ein deutliches Bekenntnis zur bestehenden Opernlandschaft in der Hauptstadt abgelegt. Auch eine Vertragsverlängerung für Daniel Barenboim als künstlerischem Leiter der Staatsoper Unter den Linden über 2002 hinaus will Wowereit realisieren.
Stiftung beschlossen
Das Berliner Abgeordnetenhaus hat am 28. Juni dem Gesetz über eine „Stiftung Berliner Philharmoniker“ mit nur einer Stimmenthaltung zugestimmt. Die Stiftung, die den Philharmonikern eine weit gehende künstlerische und wirtschaftliche Eigenverantwortung einräumt, war eine der Vorbedingungen von Sir Simon Rattle für seinen Amtsantritt in Berlin. Der Intendant der Berliner Philharmoniker, Franz Xaver Ohnesorg, äußerte sich jedoch zurückhaltend. Zum Jubeln sei es noch zu früh, denn der Zuwendungsvertrag läge noch nicht auf dem Tisch. Dieser regelt die Finanzierung der Stiftung. Er soll Anfang Juli im Hauptausschuss des Parlaments beraten werden. Das Orchester soll künftig 27,3 Millionen Mark jährlich erhalten.
Berlin-Engagement
Mehr Hilfe durch den Bund hat der SPD-Bundestagsfraktionschef Peter Struck der Stadt Berlin in Aussicht gestellt. Nach Strucks Ansicht könne Berlin besondere Hilfe verlangen. Für den Haushalt 2002 sieht Struck aber noch keinen Entscheidungsbedarf.