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Dem Appell des deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler an die Theater, Stücke wieder werkgetreuer zu inszenieren, haben die deutschen Bühnen widersprochen.
Nach der Kritik des Intendanten des Berliner Ensembles, Claus Peymann, meinte auch der Deutsche Bühnenverein in Köln, darstellende Kunst "ist mehr als die schlichte Wiedergabe des Werkes".Der Direktor des Bühnen-Dachverbandes, Rolf Bolwin, betonte heute, Theater lebe "aus dem Spannungsverhältnis zwischen Werk und Regie": "Dies macht die Kraft des Theaters in Deutschland aus."
Köhler forderte gestern in einer Matinee-Veranstaltung des Berliner Ensembles zum Schiller-Jahr 2005, die Theater sollten ihre Anstrengungen darauf konzentrieren, die Stücke Schillers "in ihrer Schönheit und Kraft, in ihrer Komplexität und ihrem Anspruch zu präsentieren".
Peymann meinte dazu: "Wer die Kraft auf der Bühne hat, Schiller oder Shakespeare zu uns zu holen, der darf alles - man darf mit \'Wilhelm Tell\' alles machen, wenn man es kann." Großes Theater habe es in den letzten 50 Jahren "mit und ohne Bearbeitungen des Werkes gegeben", meinte Bolwin auf Anfrage der dpa. "Wer das Theater bei Goethes \'Faust\' oder bei Schillers \'Don Carlos\' aufs werkgetreue Spielen des Stückes beschränken will, raubt ihm die Luft zum Atmen."
Quelle: orf.at