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Dresden: Erhalt des UNESCO-Welterbetitels gefordert

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Ruf an der Frauenkirche - Prominente Dresdner stellen sich an die Spitze einer Bewegung für den Erhalt des UNESCO-Welterbetitels

Dresden (ddp). Die Symbolkraft war so gewollt. Ausgerechnet vor der Frauenkirche trafen sich am Sonntag Tausende Menschen, um für den Erhalt des UNESCO-Welterbetitels für das Dresdner Elbtal zu demonstrieren. Startrompeter Ludwig Güttler sprach zu den nach Veranstalterangaben rund 20 000 Menschen, die den Platz vor dem Gotteshaus füllten. Güttler gehörte Anfang der 90er Jahre zu den Befürwortern des Wiederaufbaus der Frauenkirche, als die Mehrheit der Dresdner noch dagegen war. Fast alle vorgebrachten Bedenken gegen das Bauwerk hätten im Laufe der Zeit überwunden werden können, sagte Güttler am Sonntag. Das Ergebnis spreche für sich: «Trennendes wurde überwunden.» Nur diese Botschaft könne und dürfe von diesem Ort ausgehen.

Auch im neuen Dresdner Kulturstreit spielt Güttler eine tragende Rolle. Gemeinsam mit anderen prominenten Kulturschaffenden – unter ihnen Schauspieler Rolf Hoppe, Staatsschauspielintendant Holk Freytag und Kreuzkantor Roderich Kreile - bekannte sich der Musiker öffentlich zum Erhalt des UNESCO-Welterbes und wandte sich zugleich gegen die Schaffung vollendeter Tatsachen durch den Beginn des Baus einer neuen Elbbrücke.

In Höhe des historischen Brauhauses «Waldschlößchen» soll die Brücke errichtet werden. Dadurch droht der im Juli 2004 verliehene UNESCO-Welterbetitel für das Elbtal wieder aberkannt zu werden. Ein Jahr nachdem das Welterbekomitee das Elbtal wegen des Bauvorhabens auf die Rote Liste setzte, dürfte es die Streichung im Juli beschließen.

Ein Schritt, den Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) inzwischen verkraftbar nannte. Nach Überzeugung von Güttler und weiteren prominenten Dresdnern muss dies allerdings unbedingt verhindert werden. Deshalb riefen sie gemeinsam zur Demonstration unter dem Titel «Welterbe erhalten: Jetzt!» auf. Auf der Kundgebung forderte Güttler die Verantwortlichen in der Politik dazu auf, alles dafür zu tun, um den Status als Weltkulturerbe zu erhalten. Dies sei die «wichtigste Prämisse». Der Verlust des Titels sei nicht hinnehmbar.

Auch Güttlers Freund und Musiker-Kollege Gunther Emmerlich ließ den Dresdnern ausrichten, dass der Weltkulturerbetitel «unbedingt zu erhalten» sei. An die Politik richtete Emmerlich die Forderung, «das Volk nie mehr in Unkenntnis aller Zusammenhänge abstimmen» zu lassen: «Wir lassen uns nämlich nur sehr ungern für dumm verkaufen.» Die Dresdner hatten im Februar 2005 in einem Bürgerentscheid für den Brückenbau votiert - freilich unter der Annahme, dass er von der UNESCO akzeptiert wird.

Der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen, Martin Roth, nannte die geplante Brücke ein «martialisches Auslaufmodell». Er warnte davor, dass Dresden nur noch «Durchschnitt» sein werde.

Mancher Demonstrant mag sich trotz der langen Liste an Unterstützern aus der Kulturszene womöglich erst wegen der Äußerungen des Unions-Bundestagsfraktionsvize Arnold Vaatz (CDU) zur Teilnahme aufgerafft haben. In einem offenen Brief hatte der Vorkämpfer aus dem Lager der «Brückenbauer» den Initiatoren des Protests vorgeworfen, damit «eine Kulisse der Einschüchterung» schaffen zu wollen und die Stadt Dresden offen zum «Rechtsbruch» aufzurufen. Sie würden «fundamentalistische Kampfparolen» benutzen und sollten besser «wieder herunter von den Bäumen» kommen, «auf die Sie in Ihrer Eitelkeit, Ihrem Unfehlbarkeitsdünkel und Ihrer Anmaßung geklettert sind».

Der Intendant der Dresdner Musikfestspiele, Dirigent Hartmut Haenchen, reagierte sofort auf den Brief: Er erklärte seinen Austritt aus der CDU.

Tino Moritz