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German Sounds in Finanznot

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Das Deutsche Musikexportbüro bangt weiterhin um sein Fortbestehen. Die Bundesregierung sieht die Industrie in der Verantwortung. Doch wenn die staatliche Zuschüsse wegfallen, wird German Sounds in drei Monaten auf Eis gelegt.


Berlin (ddp). Die Zahl weltweit erfolgreicher Bands und Musiker aus Skandinavien nimmt beständig zu: Moneybrother, Mando Diao und The Hives aus Schweden, Turbonegro und Gluecifer aus Norwegen. Peter James hat eine Erklärung dafür: Die Länder haben seit Jahren Musikexportbüros, die großzügige staatliche Projektmittel bekommen. Auch Deutschland hat mit German Sounds, deren Chef James ist, seit 2003 eine solche Einrichtung. Die muss jetzt indes um ihr Fortbestehen bangen: Die Anschubfinanzierung ist ausgelaufen - unklar ist, wie es weitergeht.

Für den Aufbau standen German Sounds laut James bisher insgesamt rund 640 000 Euro zur Verfügung, etwa die Hälfte davon waren öffentliche Gelder. Sein Vergleich: Im selben Zeitraum habe allein das französische Musikexportbüro mit rund 6,5 Millionen Euro das Zehnfache an Mitteln eingesetzt.

German Sounds ist eine Private-Public-Partnership-Organisation und wird unterstützt von den Verwertungsgesellschaften Gema und GVL sowie bislang der Bundesregierung. Die will nun aber nicht weiter zahlen. Der Chef des deutschen Musikexportbüros sieht die große Koalition dagegen «ganz klar in der Pflicht». Er kritisiert im Vergleich zur millionenschweren Filmförderung «ein völliges Missverhältnis» und eine «undemokratische Kulturpolitik». «Pop- und Rockmusik wird in Deutschland nach wie vor nicht als Kulturgut betrachtet», beklagt James.

Seiner Einschätzung nach hat German Sounds noch drei Monate. Wenn dann keine weiteren Mittel fließen, muss das Projekt wohl erst mal auf Eis gelegt werden. Die vergangenen zwei Jahre wären dann für die Katz: In dieser Zeit haben James und seine drei Mitstreiter geackert, um Kontakte ins Ausland zu knüpfen, große Festivals zu erschließen und deutschen Bands so den Weg ins Ausland zu ebnen.

Ein Beispiel aus der Praxis: Anfang 2005 äußerten Seeed den Wunsch, in London aufzutreten, um sich internationalen Konzertagenturen vorzustellen. Gemeinsam mit einem britischen Partner gelang es German Sounds, der Band diesen Wunsch im Oktober zu erfüllen.

»Wir sind startbereit, um richtig loszulegen. Jetzt müssten Budgets zur Verfügung gestellt werden«, betont James. Problem bei der Vermittlung der Künstler ins Ausland sind die Reisekosten. »Der Sprung ins Ausland müsste von hier unterstützt werden«, sagt der German-Sounds-Chef. Von den großen Plattenfirmen sei indes nicht viel zu erwarten: Deren Schwerpunkt sei die Vermarktung im Inland.

German Sounds will jedoch nicht für immer nur auf staatliche Hilfe angewiesen sein. James schweben verschiedene Modelle für ein eigenes Einkommen des Musikexportbüros vor: So könnten zum Beispiel für die Organisation von Messebeteiligungen, Handelsdelegationen und Konzerten im Ausland Kostendeckungsbeiträge für den Betrieb von German Sounds erwirtschaftet werden. Zunächst sei jedoch die gesamte deutsche Musikwirtschaft gefragt, fordert James.

Das Haus von Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), aus dem unter Neumanns Vorgängerin Christina Weiss (parteilos) die Gelder flossen, sieht derweil allein die Musikindustrie in der Pflicht. Diese sei Nutznießer des wirtschaftlichen Erfolges der Künstler und daher mit Blick auf die weitere Finanzierung auch in der Verantwortung, sagte ein Sprecher. Zwar halte die Bundesregierung das Projekt für »kulturell wichtig« und habe es daher mit rund 350 000 Euro über drei Jahre unterstützt. Diese Anschubfinanzierung sei jedoch laut einer »eindeutigen Absprache« befristet gewesen.

Nadine Emmerich

s. auch KIZ-Beitrag vom 24.1.06: http://www.nmz.de/kiz/modules.php?op=modload&name=News&file=article&sid…