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Giftliste gegen Wahlkampfente

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Berlin (ddp). Im Streit um angebliche Streichlisten von Rot-Grün sind Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) und ihr möglicher Nachfolger Norbert Lammert (CDU) heftig aneinander geraten. Lammert warf der Bundesregierung am Montag vor, sie wolle sich nicht nur aus der Regierungsverantwortung, sondern auch aus der Kulturförderung verabschieden. Weiss wies die Äußerungen mit scharfen Worten als «Wahlkampfente» zurück.

Am Wochenende hatten Berichte über eine angebliche «Giftliste» mit Einsparungen im Kulturbereich für Wirbel gesorgt.

Nach Angaben des im Fall eines Wahlsiegs der Union als Kulturstaatsminister gehandelten Lammert sieht die Streichliste vor, auf den 90 Millionen Euro schweren Filmfonds zu verzichten. Zudem soll der Hauptstadtkulturfonds um fast die Hälfte gekürzt werden. Der Bundeszuschuss für mehr als 30 nationale Kultureinrichtungen soll pro Jahr um fünf Millionen Euro gekürzt werden.

Den Angaben zufolge sollen die Baumaßnahmen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit der Museumsinsel in den kommenden vier Jahren um 55 Millionen Euro verringert werden. Der mehrfach verschobene Neubau der Deutschen Bibliothek in Leipzig soll ganz gestrichen werden. Ferner sollen die Mittel für die Stiftung für das sorbische Volk verringert werden.

Weiss wies die Vorwürfe entschieden zurück. «Die vermeintliche Streichliste existiert nicht und wird nicht existieren», bekräftigte sie das Dementi aus dem Finanzministerium. Sie sei sich mit Bundeskanzler Gerhard Schröder und Finanzminister Hans Eichel (beide SPD) darüber einig, dass die «erfolgreiche» Kulturförderung des Bundes eine sichere Zukunft habe und eher noch ausgebaut werde.

Weiss warf ihrem Kontrahenten vor, die Union zimmere sich wider besseren Wissens ein «Gruselkabinett». Die Union wolle davon ablenken, dass sie «außer dürftigen Parolen» in der Kultur- und Medienpolitik nichts anzubieten habe. «Im so genannten Kompetenzteam wird offenbar nur darüber nachgedacht, wie man der Berliner Kultur das Licht ausknipsen könnte», legte Weiss nach. Die Union schrecke aus «purer Nervosität» auch vor «Unwahrheiten und Panikmache» nicht zurück.

Das Bundesfinanzministerium kündigte derweil an, der Herkunft der angeblichen Listen auf den Grund zu gehen. Ministeriumssprecher Stefan Giffeler sagte, man könne die «konzertierte Aktion» von Union und ihr offenbar nahe stehender Beamten fühlen. Es habe keine Aufforderung der politischen Leitung des Hauses gegeben, Sparlisten zu entwickeln.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, forderte von den Parteien ein klares Bekenntnis zur Kulturförderung. Zwar hätten die Parteien noch vor Wochen angegeben, die ermäßigte Steuer unter anderem für Bücher als Mittel der indirekten Kulturförderung beibehalten zu wollen. Er befürchte jedoch eine Abschaffung der ermäßigten Mehrwertsteuer für Kulturgüter.


Thierse antwortet dem deutschen Kulturrat: Kulturförderung bleibt
Berlin (ots) - Der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende und Vorsitzende des Kulturforums der Sozialdemokratie, Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, erklärt zu den anhaltenden Falschmeldungen über eine angebliche Kultur-Streichliste:

Die angebliche Kultur-Streichliste ist eine Erfindung der Springer-Presse. Das Finanzministerium hat diese Falschmeldung bereits eindeutig zurückgewiesen.

Für die SPD bleibt es eindeutig bei der Aussage des Erhaltes der ermäßigten Steuer als Mittel der indirekten Kulturförderung. Die Infragestellung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für die Kultur würde in eine fatale Entwicklung führen, die durch kein kulturelles Förderprogramm wieder gutgemacht werden könnte.

Den Verdacht, auch hieran wolle gerüttelt werden, muss eher die Union entkräften. Was enthält ihre geheimnisvolle Kirchhof-Liste von 418 Subventions- und Steuerermäßigungstatbeständen, die gestrichen werden sollen?

Originaltext: SPD-Parteivorstand



Diesen Meldungen ging die folgende voraus:

Lammert: Rot-Grün will sich aus Kulturförderung verabschieden
Berlin (ddp). Im Streit um angebliche Streichlisten des Bundesfinanzministeriums befürchtet die CDU trotz eines Dementis der Behörde massive Einschnitte für die Kultur. CDU-Kulturexperte Norbert Lammert sagte am Montag in Berlin, Rot-Grün wolle sich nicht nur aus der Regierungsverantwortung, sondern auch aus der Kulturförderung verabschieden.

Nach Angaben des im Fall eines Wahlsiegs der Union als Kulturstaatsminister gehandelten Lammert sieht die Streichliste vor, auf den 90 Millionen Euro schweren Filmfonds zu verzichten. Zudem soll der Hauptstadtkulturfonds um fast die Hälfte gekürzt werden. Der Bundeszuschuss für mehr als 30 nationale Kultureinrichtungen soll pro Jahr um fünf Millionen Euro gekürzt werden.

Den Angaben zufolge sollen die Baumaßnahmen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit der Museumsinsel in den kommenden vier Jahren um 55 Millionen Euro verringert werden. Der mehrfach verschobene Neubau der Deutschen Bibliothek in Leipzig soll ganz gestrichen werden. Ferner sollen die Mittel für die Stiftung für das sorbische Volk verringert werden.

Der Deutsche Kulturrat befürchtete eine Abschaffung der ermäßigten Mehrwertsteuer für Kulturgüter. Laut Geschäftsführer Olaf Zimmermann gaben die Parteien noch vor Wochen an, die ermäßigte Steuer als Mittel der indirekten Kulturförderung beibehalten zu wollen. Zimmermann forderte die Parteien nun jedoch auf, klarzustellen, ob sie noch immer dazu stehen.

Am Wochenende hatten Berichte über eine angebliche «Giftliste» mit Einsparungen im Kulturbereich für Wirbel gesorgt. Das Finanzministerium wies dies jedoch zurück.