Body
Günther Grass hat in der NDR-Sendung "Kulturjournal" Unions-Kanzlerkandidat Stoiber (CSU) scharf angegriffen und für den Rechtsradikalismus in Deutschland mit verantwortlich gemacht.
"Das Problem sind nicht allein die Skins, die zuschlagen", sagte der Schriftsteller. Viele Politiker sprächen zwar vom NPD-Verbot, würden aber, "indem sie wie Herr Stoiber vor der ‚Durchrassung\' des deutschen Volkes warnen, diesem rechtsradikalen Potential das Maul reden." Das sei die wahrscheinlich noch größere Gefahr, sagte der Schriftsteller.
In dem TV-Interview setzte Grass den bayrischen Ministerpräsidenten mit den Rechtspopulisten Haider und Berlusconi gleich: "In Gestalt des Kandidaten zeichnet sich etwas ab, was wir in einigen Ländern Europas schon haben. Haider, Berlusconi sind ja nicht ohne Grund regelrecht Freunde von Herrn Stoiber." Der Träger des Literatur-Nobelpreises kündigte an, sich "notfalls" auch wieder im Bundestagswahlkampf zu engagieren. Schon in früheren Wahlkämpfen hatte er für die SPD geworben, etwa für den früheren Bundeskanzler Brandt (SPD).
In einer ersten Reaktion nannte CSU-Generalsekretär Goppel Grass einen "miesen Blechtrommler in der Kavallerie der Links-Literaten". Grass werde alt, wenn ihm keine andere Werbung für sein neues Buch einfalle, sagte Goppel der Tageszeitung "Die Welt". Grass hatte im "Kulturjournal" sein neues Buch "Im Krebsgang" vorgestellt. Es handelt von der Geschichte des Schiffes "Wilhelm Gustloff", das voll besetzt mit deutschen Flüchtlingen nach einem Torpedo-Angriff im Januar 1945 in der Ostsee gesunken war.