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Jena (ddp-lth). Historiker der Jenaer Friedrich-Schiller-Universität erforschen die «Bühne DDR». «Wir wollen am Beispiel von Gera den Kulturkampf in der Provinz der späten DDR analysieren», sagte der Lehrstuhlinhaber für Neuere und Neueste Geschichte sowie Leiter des Projekts, Lutz Niethammer.
In Zusammenarbeit mit der Berliner Birthler-Behörde sollen dabei nicht nur Akten ausgewertet werden. «Wir halten es für unabdingbar, auch mit den betroffenen Künstlern und den damaligen Kulturfunktionären und Mitarbeitern der Staatssicherheit ins Gespräch zu kommen», sagte Niethammer.
Dabei gehe es nicht um eine erneute Opfer-Täter-Geschichte, betonte der Historiker. Vielmehr solle «ein differenziertes Bild über den Kulturkampf vor Ort» gezeichnet werden. Geplant sei zudem, die Geschichten der Menschen über 1989 hinaus einzufangen, um Kontinuitäten und Brüche ihrer Biografien und ihrer Selbstwahrnehmung dokumentieren zu können.
Ausgangspunkt der Forschungen ist ein dokumentierter Skandal im Gera der 80er Jahre. Während verschiedene Künstler der Stadt, unter anderem die Puppenbühne, der Liedermacher Stefan Krawczyk und das Duo Görnandt & Rönnefarth, für bestimmte Inszenierungen und Programme auf zentraler Ebene geehrt wurden, «witterten hauptamtliche Mitarbeiter der Geraer Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Gefahr im Verzug», erläuterte Niethammer. Sie brachten einen «Zentralen Operativen Vorgang» (ZOV) auf den Weg, «um die Kulturszene der Stadt drei Jahre lang zu observieren und politischer Untergrundtätigkeit vorzubeugen».
Anders als üblich ging die Leitung dieses ZOV «Bühne» nicht an die Berliner Stasi-Zentrale über, sondern blieb in Gera. Bei dem Forschungsprojekt gehe es deshalb nicht zuletzt darum zu erkunden, wer «die Akteure der Herrschaft vor Ort» waren, um so auch die sozialen und kulturellen Dimensionen des Konflikts um die lokale Popularkultur deutlich zu machen, steckte der Wissenschaftler ein weiteres Ziel ab.
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