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Weimar (ddp-lth). Mit einem Festakt ist drei Jahre nach dem verheerenden Brand das Stammhaus der Weimarer Anna Amalia Bibliothek am Mittwoch wiedereröffnet worden. Bundespräsident Horst Köhler würdigte in seiner Festrede die große Spendenbereitschaft für den Wiederaufbau der historischen Bibliothek.
An der Feier am 268. Geburtstag der Namenspatronin nahmen rund 1200 Gäste teil, unter ihnen auch Ministerpräsident Dieter Althaus und Kulturstaatsminister Bernd Neumann (beide CDU).Köhler hob in seiner Rede hervor, dass sich mehr als 20 000 Bürger an der «beispiellosen Hilfsaktion» beteiligt hätten. Dieses Engagement belege, «wie viel Bedeutung und Wertschätzung die Menschen diesem besonderen Ort Bibliothek entgegenbringen». Laut Thüringer Kultusministerium sind bislang rund 21 Millionen Euro an Spenden und Zuwendungen zusammengekommen.
Köhler sagte: «Diese gemeinsame Anstrengung ist ein überragendes und weithin leuchtendes Zeichen für das kulturelle Engagement in unserem Land.» Die Wiedereröffnung der historischen Bibliothek sei «trotz der unwiederbringlichen Verluste ein Freudentag für die Kulturnation Deutschland.» Allerdings sei nur ein erstes Etappenziel erreicht. Die Anna Amalia Bibliothek brauche weiter Unterstützung.
Das nächste Etappenziel ist laut Köhler der Abschluss der Buch-Restaurierung bis 2015. «Ich wünsche mir sehr, dass das Engagement nicht nachlässt. Wir haben große Schätze zu bewahren und wiederzugewinnen», sagte der Bundespräsident. In Weimar schlage das kulturelle Herz Deutschlands. «Von Thüringen und den ehemals anhaltinischen Gebieten ist so viel ausgegangen, womit Deutschland die Welt beschenkt hat. Hier hat sich in drei Jahrhunderten eine geistige Produktivität entfaltet, für die es in Europa kaum Parallelen gibt», betonte das Staatsoberhaupt.
Köhler würdigte zugleich die große Vielfalt an Bibliotheken in Deutschland. Allerdings hätten auch Bibliotheken, Archive und Museen in den vergangenen Jahren sparen müssen. «Die Finanzausstattung vieler Institute liegt heute unter dem Notwendigen. Viele können ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen», bemängelte er. In manchen Gegenden drohe ein Bibliothekssterben. Viele alte Bibliotheken seien nicht auf dem modernen Stand der Feuerschutztechnik. Hier hoffe er auf eine Kurskorrektur. Die kulturelle Überlieferung in Bibliotheken, Archiven und Museen sei «eine geistige Heimat für die Nation». Sie gehörten daher auf die politische Tagesordnung.
Ministerpräsident Althaus lobte, dass das Stammhaus der Bibliothek sein Gesicht zurückerhalten habe. Das «einmalige Zusammenspiel von Architektur und Büchern» sei wieder erlebbar. Dennoch sei die Freude nicht ungetrübt, da der Brand unschätzbare Kulturschätze vernichtet habe. «Hier brannte die Wiege der Klassik», beklagte Althaus die Verluste. Zugleich würdigte er den selbstlosen Einsatz vieler Helfer in der Brandnacht, die damals rund 30 000 Bücher vor den Flammen gerettet hätten.
Kulturstaatsminister Neumann sagte, der Brand habe «die Fundamente unserer nationalen Identität» bedroht. Bibliotheksdirektor Michael Knoche versicherte dennoch, dass trotz verheerender Verluste die Substanz der Sammlung nicht angegriffen worden sei. Knoche schloss seine Rede mit dem Ruf: «Lang lebe die Anna Amalia Bibliothek.»
Der über 400 Jahre alte Bibliotheksbau war bei dem Brand Anfang September 2004 teilweise zerstört worden. Das Dachgeschoss und die obere Galerie des über drei Etagen reichenden Rokokosaales brannten völlig aus. Zahlreiche Bücher wurden beschädigt, etwa 50 000 Bände, Handschriften und Notenblätter konnten nicht gerettet werden. Seit August 2005 wurde das Gebäude saniert und anhand des Zustandes um 1850 restauriert.