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Konvention Kulturelle Vielfalt: zahnloser Tiger oder scharfes Schwert?

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Ausschuss für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments führte Anhörung zur Konvention Kulturelle Vielfalt durch

Berlin, den 28.02.2008. Gestern führte der Ausschuss für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments in Brüssel eine Anhörung zu den Auswirkungen des „UNESCO-Übereinkommens zum Schutz und zur Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ (Konvention Kulturelle Vielfalt) durch. Im Mittelpunkt der Anhörung stand die Frage, welche Wirkungen die Konvention Kulturelle Vielfalt auf die europäische Politik hat.

Angehört wurden Verena Metze-Mangold, Vizepräsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, Prof. Dr. Jan Wouters, Professor für internationales Recht und das Recht der internationalen Organisationen der Universität Leuwen, Yvon Thiec, Beauftragter von Eurocinema, Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Xavier Troussard und Valerie Paris, Generaldirektion für Bildung und Kultur der Europäischen Kommission.

Das wesentliche Ergebnis der Anhörung ist, dass die Konvention Kulturelle Vielfalt auch innerhalb Europas Wirkung zeigen kann. Die EU hat die Konvention Kulturelle Vielfalt ratifiziert und ist daher an deren Einhaltung gebunden. Ein Beispiel hierfür ist die kollektive Verwertung von Urheberrechten durch Verwertungsgesellschaften. Die in Deutschland bestehenden de facto Monopole tragen sowohl durch ihre internen Verteilungsschlüssel als auch ihre sozialen und kulturellen Verpflichtungen zur kulturellen Vielfalt bei. Trotzdem stehen die deutschen Verwertungsgesellschaften wegen der de facto Monopol unter dem Beschuss der Europäischen Kommission. Die Konvention Kulturelle Vielfalt ist, das wurde bei der Anhörung deutlich, ein mögliches Instrument, um diese Angriffe parieren zu können. Dieses Instrument könnte auch bei anderen in Europa strittigen Themenbereichen wie z.B. der Besteuerung ausländischer Künstler und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland Anwendung finden.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte: „Die Anhörung vor dem Kulturausschuss des Europäischen Parlaments hat gezeigt, dass die Konvention Kulturelle Vielfalt nicht nur in Bezug auf die auswärtigen Beziehungen der EU angewandt werden muss, sondern auch innerhalb der Europas. Damit wird die Konvention Kulturelle Vielfalt, die als eine Art Schutzimpfung gegen Forderungen zur Liberalisierung von Kulturdienstleistungen im Rahmen der WTO entwickelt wurde, auch zu einem Instrument zur Abwehr übertriebener Liberalisierungstendenzen innerhalb der Europäischen Union. Die Anhörung vor dem Kulturausschuss des Europäischen Parlament hat gezeigt, dass die Konvention Kulturelle Vielfalt gerade innerhalb Europas kein zahnloser Tiger ist, sondern ein scharfes Schwert werden könnte.“
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