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Graupa (ddp-lsc). Christian Mühne sitzt derzeit auf gepackten Umzugskartons. Der Chef des Richard-Wagner-Museums in Graupa bei Pirna zieht mit der gesamten Gedenkstätte für den berühmten Komponisten in die nahe gelegene Alte Schule um.
Grund für das mehrjährige «Exil»: Die Baufälligkeit der im Volksmund «Lohengrinhaus» genannten früheren Sommerfrische Wagners, hervorgerufen vor allem durch einen unwillkommenen Gast. Der Echte Hausschwamm hat sich im Dachgewölbe, in den Deckenbalken und im Fachwerk festgesetzt.Das «Lohengrinhaus» ist noch bis einschließlich 3. Oktober für Besucher geöffnet. Am Samstag findet zudem das letzte Konzert statt. Jale Papila (Mezzosopran) singt um 15.00 Uhr begleitet von Mirella Petrowa (Klavier) unter dem Titel «Meine Seele hat Schwingen wie die Nachtigall» Lieder von Brahms, Hugo Wolf, Tschaikowsky und Richard Strauss. Eine Monat können dann keine Wagnerianer nach Graupa pilgern. Am 4. November wird die Interimsstätte in der Alten Schule eröffnet.
Im früheren Schulgebäude stehen Mühne zufolge vier große Klassenzimmer zur Verfügung. Gezeigt wird dann wieder eine Dauerausstellung zum Thema Wagner und Dresden. Ein Raum wird für Konzerte genutzt, ein weiterer als Depot. Wie lange die Interimsstätte gebraucht wird, steht noch nicht fest. Der ins Auge gefasste Termin 2007 zum 100-jährigen Jubiläum der Gedenkstätte wird sich wohl nicht halten lassen. Realistischer erscheint Mühne 2009 - 160 Jahre nach Wagners Flucht aus Dresden in die Schweiz. Der Komponist wurde seinerzeit als Revolutionär steckbrieflich gesucht. 2013 steht dann mit dem 200. Geburtstag eine rundes Gedenkjahr ins Haus.
Der bauliche Zustand des «Lohengrinhauses» ist wegen des Hausschwamms so schlecht, dass das Gebäude teilweise sogar abgerissen und neu aufgebaut werden muss, erläutert der Museumschef. Gerettet werden können das Erdgeschoss und das Mauerwerk der Außengiebel. Die grundhafte Sanierung des Museums wurde ursprünglich mit 500 000 Euro veranschlagt. Jetzt kalkuliert Pirnas Baudezernent Eckhard Lang mit bis zu 1,2 Millionen Euro. Die Stadt, zu der Graupa seit 1999 gehört, hofft auf Förderung durch den Freistaat, private Spenden, Sponsoren und Stiftungsgelder. Mitglieder der Familie Wagner haben ihre Unterstützung zugesagt.
Wagner ist ein «echter Sachse» und wurde 1813 in Leipzig geboren. Sechs Monate nach seiner Geburt starb der Vater, und die Familie siedelte bis 1828 nach Dresden über, wo Wagner die Kreuzschule besuchte. 1842 kehrt er nach Dresden zurück, wo er bis zu seiner Flucht als Königlich-Sächsischer Kapellmeister an der Hofoper (heute: Semperoper), der Hofkirche und für die Kammermusik tätig war. Im Frühsommer 1846 verbrachte Wagner drei Monate auf dem Schäferschen Gut in Graupa. Hier entstanden wichtige Teile für den «Lohengrin» der dem Haus seinen Namen gab.
1862, 1873 und 1881 kehrte der mittlerweile berühmte und rehabilitierte Komponist besuchsweise nach Dresden zurück und besuchte auf seiner letzten Reise auch noch einmal Graupa. 1907 richtete der Leipziger Gymnasiallehrer Paul Gallmeyer mit Freunden im Schäferschen Gut eine Wagner-Gedenkstätte ein, die Keimzelle des heutigen Museums. Das Gutshaus ist heute nicht nur das älteste deutsche Wagner-Museum, sondern auch die einzige erhaltene Wohnstätte des Komponisten in Ostdeutschland. Im Garten erinnert zudem eine Steinplatte an den Dirigenten und Komponisten Hans von Bülow, die bis zur Zerstörung Dresdens im Zweiten Weltkrieg an Bülows Geburtshaus angebracht war.