Hauptrubrik
Banner Full-Size

Kultur-Diskussion mit Ruzicka und Pereira

Publikationsdatum
Body

Im Rahmen von "Graz Kulturhauptstadt 2003" fand Mittwochabend das fünfte Zentraleuropagespräch, initiiert von "Der Standard" und "Süddeutscher Zeitung" im Dom im Berg statt. Die Veranstaltung stand unter dem Motto "Kunst zwischen Kommerz und Widerstand".

orf - Unter der Leitung von Gerfried Sperl diskutierten Peter Ruzicka, künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele, Alexander Pereira, Intendant des Opernhauses Zürich, die Historikerin Brigitte Hamann sowie die italienische Germanistin Emilia Fiandra.
"Solange Sprech- und Musiktheater großteils staatlich finanziert wurden, war alles einfacher. Das Sponsoring macht die Dinge komplizierter", leitete Sperl den Abend ein. Ruzicka ging zunächst von der rein politischen Bedeutung des Begriffs "Widerstand" aus und kam zu dem Schluss: "Der Geist des zivilen Ungehorsams hat unsere Kultur nur am Rande berührt."
Der schleichende Wandel der Kultur setzt sich seiner Meinung nach fort, wobei sich Veränderung auch in der Sprache abzeichnen: "Sprache verrät Veränderungen. Sie ist heute eher von der Unterhaltungsindustrie als von Dichtern und Denkern geprägt".
Fiandra erklärte, es sei in Italien "Mode geworden, die rechte Regierung mit den Faschisten zu vergleichen". Sie selbst sehe allerdings keine Gefährdung der demokratischen Rechte, wohl aber einen "Niedergang der Kultur". Als Beispiel führte sie den Verkauf von Kulturgütern an.
Pereira betonte, es sei früher sehr viel selbstverständlicher gewesen, dass Staat, Private und Wirtschaft zusammengearbeitet haben, um die "Werte des Lebens zu erhalten". Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Private und Wirtschaft vom Staat weggedrängt. Das änderte sich laut Pereira erst, als "zu Beginn der 90er Jahre das Geld ausging". Bei den Kulturschaffenden ortet Pereira heute "eine Angst, hinauszugehen und Geld zusammen zu trommeln".
Bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert wurde die neue Kunst nicht von den Habsburgern, sondern von einem reichen Bürgertum gefördert, meinte Hamann. Die Habsburger finanzierten zwar Burg und Oper, was sich aber auch in den Spielplänen niederschlug. Das Wien der Moderne sei "Ergebnis eines neuen Bürgertums", so die Historikerin.
Ruzicka sprach sich für eine Weiterführung der "Mischfinanzierung" aus. Pereira ergänzte, dass er das europäische System der Kulturförderung für "weitaus leistungsfähiger" halte als das Amerikanische. Dort könnten zwar Steuern direkt einer bestimmten Institution gewidmet werden, was aber letztlich dazu führe, "dass nur die großen Institutionen wie die Met gefördert werden."