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Berlin (ddp). Die Aussagen zum Thema Kultur im Koalitionsvertrag sind auf vehemente Kritik gestoßen. Nach Ansicht des medien- und kulturpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Hans Joachim Otto, ist der Stellenwert von Kunst und Kultur «extrem kurz gekommen». So werde dieser Themenbereich nicht einmal in der Präambel erwähnt, sagte Otto am Montag.
Das größte Problem aber sei, dass entgegen allen anderen Kompetenzbereichen bisher keine Person benannt wurde, die für Kultur in der Bundesregierung zuständig sein soll. Auch der Deutsche Kulturrat sieht die Kultur im Koalitionsvertrag «schlecht positioniert». Die SPD-Kulturpolitikerin Monika Greifahn dagegen wertete die Aussagen im Koalitionsvertrag als vollen Erfolg.Otto kritisierte die designierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): «Ich kann nur sagen, dass Frau Merkel offensichtlich das ein bisschen vergessen hat, was sie noch vor der Wahl gesagt hat, nämlich dass Kultur etwas Zentrales für unsere Gesellschaft sei.» Zudem befürchtet Otto, dass Beschlüsse der Koalitionsarbeitsgruppe Kultur zurückgenommen werden. So sei im Koalitionsvertrag die Kultur nicht mehr als Staatsziel verankert. Außerdem sei auch die dort vereinbarte Beibehaltung des ermäßigten Steuersatzes für den Kunst-, Kultur- und Medienbereich nicht mehr enthalten. «Wenn man solche Beschlüsse der Kulturarbeitsgruppe herausnimmt, dann wirft das zwangsläufig Fragen auf, ob man sich jetzt in dieser Hinsicht anders verhalten will als das die Kulturpolitiker wollten», sagte Otto. Er verwies auch auf die ökonomische Dimension von Kunst und Kultur. In der Kulturwirtschaft existierten mehr Arbeitsplätze als in der gesamten Automobilindustrie.
Auch für Kulturrats-Geschäftsführer Olaf Zimmermann ist die Kultur im Koalitionsvertrag schlecht positioniert. Diese finde leider nur unter «ferner liefen» statt, sagte er. Wichtige Punkte, auf die sich die Arbeitsgruppe Kultur schon geeinigt habe, seien nicht wiederzufinden. Zimmermann befürchtet gravierende Verschlechterungen im Kulturbereich. Die in der Arbeitsgruppe Kultur beschlossene Beibehaltung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes werde im Vertrag trotz vorheriger Zusagen nicht mehr angesprochen. Er beklagte außerdem, dass dort auch die Aufnahme des Staatszieles Kultur in das Grundgesetz fehle.
Griefahn betonte, die nun getroffenen Vereinbarungen zeigten, dass die Koalitionspartner zusammen an einem Strang zögen. Besonders hervorzuheben sei etwa, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent weiterhin bestehen bleibe und die überfällige Fusion der Kulturstiftungen von Bund und Ländern nun angegangen werde. Außerdem sollten bis Juli 2006 mit anderen EU-Ländern vergleichbare Anreize für privates Kapital für Filmproduktionen in Deutschland gefunden werden. «Wir haben hier ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt, das der Kultur in Deutschland in den kommenden Jahren zugute kommen wird. Das Staatsziel Kultur muss allerdings als wichtiger Punkt, der nicht in den Koalitionsvereinbarungen enthalten ist, umgesetzt werden», sagte Griefahn.