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Kulturrat: RTL und Dieter Bohlen beuten junge Menschen aus

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(nmz-thg) Berlin: Der Deutsche Kulturrat forderte RTL auf, bei Deutschland sucht den Superstar (DSDS) ein Mindestmaß an Anstand walten zu lassen. Nach Informationen von Spiegel-Online wurden alle DSDS-Kandidaten vor ihrem Vorsingen vor laufender Kamera in einem Vorcasting begutachtet. Das heißt in der Praxis, dass bewusst unqualifizierte Menschen ausgewählt wurden, um zur Belustigung der Fernsehzuschauer vorgeführt zu werden. Der Deutsche Musikrat hat als Vertreter des Deutschen Kulturrates einen Sitz im RTL-Fernseh-Beirat.

Nach unseren Informationen wird dieser Sitz im RTL-Fernseh-Beirat von Generalsekretär Christian Hoeppner wahrgenommen. Hoeppner ist außerdem Vorstandsmitglied des Deutschen Kulturrates. Hoeppner hat sich in letzter Zeit vor allem dadurch kulturpolitisch profiliert, dass er Computerspiele zu kunst- und kreativitätsfeindlichem Machwerk erklärte. Wir sind gespannt auf seine Sicht der Dinge in Sachen RTL und Casting-Shows.

Der Deutsche Musikrat, vertreten durch seinen Präsidenten Martin Maria Krüger, hat sich seit seiner Insolvenz eher als dienendes Element einer den „Creative Industries“, also der Musikindustrie zugewandten Organisation, und insofern dem kreativen Individuum entfremdetes Lobby-Instrument geoutet (siehe Hauszeitschrift „Musikforum“ 1/08, Musik und Politik II).

Als außenstehender Beobachter kann man den Eindruck gewinnen, dass der Deutsche Musikrat zunehmend kein kulturpolitisches Eigenleben zu entfalten in der Lage ist. Es sieht so aus, als ließe er sich opportunistisch in das Fähnlein potentieller politischer und/oder industrieller Geldgeber, und somit in ein marodes kulturpolitisches Denken einwickeln. Damit verspielt er seine Berechtigung als zivilgesellschaftliche Vertretung unseres Musiklebens leichtfertig. Kunst - geschweige denn Kulturentwicklung - spielen in solchen Verbandsklüngeln keine Rolle mehr.

Wie Kulturrat und Musikrat – bei allen personellen Verflechtungen – solche offensichtlichen Konflikte zu Gunsten der Kulturschaffenden klären – darüber berichten wir gern.

Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, sagte zum Thema Casting und RTL noch recht vernünftig: "Offensichtlich lässt man bei DSDS vorsätzlich musikalisch unbegabte junge Menschen ins offene Messer laufen, um sie in der Öffentlichkeit bloß stellen zu können. Dies hat mit einem Talentwettbewerb nichts zu tun, sondern ist nur billiges Entertainment auf Kosten junger Menschen." Wir sind gespannt auf eine Stellungnahme des Deutschen Musikrates.
(nmz-Theo Geißler)
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