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Deutschland ist ein sonderbares Land. Die Menschen knallen die Autotüren zu, lassen sich wegen Zuspätkommens abends in der Oper anpflaumen, und mittags betteln die Kinder um italienische Teigwaren («Ich will Pizza!»). Auf eine akustische Reise in den Alltag der Menschen zwischen Rhein und Oder entführt eine begehbare «Klangschnecke» die Besucher der Wanderausstellung «Herzliche Grüße», die seit Dienstag Station in Berlin macht.
In drei verschiedenen «Häusern» sollen Hör- und Filmbeispiele, Satzbauübungen und Ratespiele die Menschen spielerisch an die deutsche Sprache heranführen. Streng wie in einer Schule geht es aber noch an der ersten Station, im «Blauen Haus» zu. Hier lernen die Ausstellungsbesucher das Einmaleins der Sprache, werden mit Standardfloskeln und grammatikalischen Grundlagen vertraut gemacht. Drehtafeln erläutern die Sprachgeschichte von den ersten Runen über Gutenberg bis hin zum Nobelpreis von Günter Grass.
Rot wie die Liebe ist das zweite Haus, von der Decke baumeln Lebkuchenherzen. Intuition steht hier auf dem «Stundenplan». Auch ohne Sprachkenntnisse sind beispielsweise die gezeigten Filmsequenzen aus «Männer» und «Rossini» zu verstehen - es handelt sich um Liebesszenen. Die Lippen spielen auch eine wichtige Rolle beim Prominenten-Ratespiel: Beckenbauer, Schumi, Schiffer und Co. sollen anhand ihres Lächelns erraten werden. Andere Gemütsregungen der Deutschen werden per Kopfhörer vermittelt: Auf Knopfdruck können Flüche und Schimpfwörter von Autsch bis Pfui abgerufen werden.
Den Wandel des Deutschen sowie seine Gemeinsamkeiten mit den anderen europäischen Sprachen demonstriert das «Gelbe Haus». Strophen aus Goethes Faust sind in Jugendsprache übersetzt. Der Satz «Da steh\' ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor» lautet «Was ist Sache? Ich häng\' in der Landschaft wie ein Hirni und blick genauso bescheiden wie zuvor». Wen hier die Deutschkenntnisse verlassen, der kann auf ein Langenscheidt-Wörterbuch aus einem «Buchturm» in der Mitte dieser Abteilung zurückgreifen. Nicht nur jung und alt sprechen in Deutschland verschiedene Sprachen, auch unterschiedliche Dialekte werden hier gepflegt.
Für Fortgeschrittene bietet der Pavillon «Deutschlandbilder» eine Sprachreise von der Waterkant bis Oberammergau. In neun Dialekten werden sämtliche Verse von «Max und Moritz» von Wilhelm Busch dargeboten. «Max und Moritz, ei\' der Daus. Bald sind eure Bossen aus», lautet beispielsweise die sächsische Version. Mit dem Projekt wollen das Goethe Institut und die Ausstellungsmacher für Deutsch als Fremdsprache werben sowie generell die Sprachbegeisterung in Euroland wieder wecken, betonte Joachim-Felix Leonhard, Generalsekretär von Goethe Institut Inter Nationes, bei der Präsentation der Schau am Dienstag.
In Großbritannien würden nur noch 1,5 Prozent der Schulabgänger eine Fremdsprache erlernen, dies sei für das Zusammenwachsen des Kontinents nicht gut, sagte Leonhard. Längst hat jedermann akzeptiert, dass das Englische die lingua franca der Gegenwart ist, doch nach wie vor ist das Deutsche die am häufigsten gesprochene Sprache in der EU: Fast 100 Millionen Menschen haben es als ihre Muttersprache, in sieben Ländern genießt es offiziellen Status. Ausstellung «Herzliche Grüße», Berliner Kulturbrauerei, Knaackstr. 95, geöffnet bis 17. Februar, täglich 13.00 bis 21.00 Uhr.