Schwerin - Im Streit um das Brigitte-Reimann-Literaturhaus in Neubrandenburg sowie das Hans-Fallada-Archiv in Carwitz hat sich die Landesregierung zu ihrer Verantwortung bekannt. Die Bewahrung des Erbes beider Schriftsteller sei und bleibe dem Land ein großes Anliegen, sagte Kultusminister Henry Tesch (CDU) am Freitag in Schwerin. Er wies zugleich Vorwürfe zurück, wonach der Betreiberverein, das Literaturzentrum Neubrandenburg, aufgrund von Versäumnissen des Ministeriums beide Einrichtungen zeitweilig schließen müsse.
Sein Haus habe dem Literaturzentrum Überbrückungsangebote gemacht, auf die bislang nicht reagiert worden sei, betonte Tesch. Fördermittel seien immer noch reserviert. Für 2009 stehe eine Summe von 37 500 Euro bereit, die höchste Förderung von allen sieben Literaturhäusern im Land. Das Geld habe bislang wegen fehlender haushaltsrechtlicher Voraussetzungen nicht ausgereicht werden können.
Das Literaturzentrum hatte mitgeteilt, dass es die Brigitte-Reimann-Ausstellung und das Archiv im Neubrandenburger Literaturhaus sowie das Hans-Fallada-Archiv zum 1. September schließen muss. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die finanzielle Ausstattung für eine ganzjährige öffentliche Nutzung der Einrichtungen nicht ausreicht. Weil das Land den Förderantrag des Literaturzentrums bisher nicht beschieden habe, habe sich die Situation in diesem Jahr weiter verschärft.
Nach Teschs Darstellung enthielt die Abrechnung 2007 des Literaturzentrums gravierende Fehler, weshalb das Land im Jahr darauf einen zu viel gezahlten Betrag in Höhe von rund 10 000 Euro zurück gefordert habe. Der Verein habe gegen diese Forderung geklagt und die Rückforderung bis heute nicht akzeptiert.
Dem Literaturzentrum wurde nach Angaben des Ministers mehrfach die Möglichkeit einer moderaten Rückzahlung der Summe angeboten, um ein langwieriges Klageverfahren zu verhindern und die Arbeit des Vereins nicht zu gefährden. Damit hätte auch die Voraussetzung für die sofortige Finanzzuweisung für 2009 vorgelegen. Dieses Angebot sei bislang vom Verein abgelehnt und die Klage gegen das Land aufrechterhalten worden, kritisierte Tesch. Für das Ministerium seien die Zweifel an einer soliden Haushaltsführung der Einrichtung bisher nicht ausgeräumt.
Der Minister hat nach eigenen Angaben den Verein mit Schreiben vom 18. August um Auskunft darüber gebeten, wie dieser sich das weitere Verfahren vorstellt. Als Antworttermin sei der 15. September gesetzt worden, damit der reservierte Förderbetrag entweder an das Literaturzentrum ausgereicht oder an ein anderes Projekt vergeben werden könne.
Der Vorstand des Literaturzentrums verwies seinerseits auf ein Angebot, die Rückforderung bis zu einer rechtlichen Klärung ratenweise unter Vorbehalt zurückzuzahlen. Das sei vom Land abgelehnt worden. Auch der Vorschlag, die strittigen Fragen in einem Schlichtungsverfahren zu klären, sei nicht angenommen worden. Man sei an einer außergerichtlichen Einigung interessiert, der Verein könne gegenwärtig dennoch nicht die Klage zurückziehen, hieß es vom Vorstand. Die Rechtmäßigkeit der Rückforderung müsse auch im Hinblick auf die Arbeit in den Folgejahren geklärt werden.
Das Brigitte-Reimann-Literaturhaus war 1999 auf dem Grundstück eröffnet worden, auf dem die DDR-Schriftstellerin von 1968 bis zu ihrem Tod 1973 lebte und arbeitete. Im Archiv des Reimann-Hauses, das seit seiner Neueröffnung auch Domizil des Literaturzentrums Neubrandenburg ist, lagern rund 8000 Bände und teilweise sehr wertvolle Original-Dokumente. Darunter finden sich auch die Nachlasse der Autoren Hans Fallada (1893-1947), Joachim Wohlgemuth und Rudi Strahl. In Carwitz werden nach Angaben des Literaturzentrums auch Nachlassbestände betreut, die Eigentum des Landes sind.