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Neue Steuer auf ausländische Künstler: Was tut Staatsministerin Weiss?!

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Das Bundesministerium für Finanzen plant die Neuauslegung der sog. Ausländersteuer: Dann sollten künftig Galerien - wie schon Musikveranstalter - eine Pauschalsteuer in Höhe von 25 Prozent vom Verkaufserlös der Kunstwerke ausländischer Künstler einbehalten und an das deutsche Finanzamt abführen.

In § 49 des Einkommenssteuergesetzes, Ziffer 2 und 3, heißt es, dass Einkünfte besteuert werden, die "durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen." Auch "Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18), die im Inland ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist" werden mit der Ausländersteuer belegt.

Aus diesen Paragraphen kann man nur in zwei Fällen eine Steuerpflicht aus dem Verkauf von Kunstwerken herauslesen:

1.) Der Besuch des ausländischen Künstlers auf seiner Vernissage in Deutschland wird mit dem Bühnenauftritt eines Musikers oder Schauspielers gleichgesetzt: Absurd, denn in der Galerie zahlt niemand Eintritt oder kauft Werke, um den Künstler "auftreten" zu sehen.

2.) Wenn selbständige Leistungen im Inland verwertet werden, könnte man meinen, dass dies den Verkauf von Kunstwerken betrifft. Demnach wäre der Verkauf neuerdings eine Verwertung - eine Begriffsverwirrung von Kauf- und Urheberrecht. Eine zulässige Konstruktion. Dies wurde 20 Jahre nicht so gesehen. Schon der Vertrauensschutz verlangt, diesen Begriff jetzt nicht neu zu deuten.

Ausländische bildende Künstler haben ihre Kunstwerke im Ausland erstellt und führen sie ein - wie andere ausländische Produkte auch.
Die Neuauslegung der Ausländersteuer (§ 49 EStG) ist aus Sicht der BVDG sachlich falsch und zeugt von schon peinlicher Unkenntnis des Kunstmarktes.

Zudem besteht aufgrund des Imports der Werke nicht die Möglichkeit Verkaufserlöse unerkannt zu beziehen - wie die angebliche Bargeldgage nach dem Konzert - und im Heimtland nicht zu versteuern.

Dramatisch sind die Auswirkungen auf die ausländischen Künstler, da der Abzug von 25% vom Verkaufserlös zu einem sofortigen Einkommensverlust führt. Eine Erstattung im Wege der Doppelbesteuerungsabkommen vom inländischen Finanzamt kann Jahre dauern. Aus Sicht der Künstler führt die Ausländersteuer daher sofort zu einer radikalen und unmittelbaren Einkommenskürzung; deren durchschnittliches Jahreseinkommen in Deutschland liegt unter 10.000 EUR und ausländische bildende Künstler - ebenso wenig Großverdiener wie deutsche Künstler - verlieren damit natürlich ihr Interesse an Verkaufsausstellungen in deutschen Galerien.

Die Ausländersteuer ist nichts als ein Programm zur internationalen Isolierung des deutschen Kunstmarktes!

Bisher hat sich Staatsministerin Weiss nicht öffentlich zum Vorhaben ihres Kabinettskollegen Hans Eichel geäußert. Aus informierten Kreisen ist zu hören, dass Staatsministerin Weiss mit dieser Planung des BMF nicht einverstanden ist. Das wundert kaum! Doch wundert es, dass das BMF dann überhaupt so weit planen kann. Was also ist die Kulturverträglichkeitsprüfung Wert?

Im Falle der ermäßigten Mehrwertsteuer konnte das BMF sogar eine Kabinettsvorlage zu Streichung derselben vorlegen - obwohl dies sogar gegen den Koalitionsvertrag verstiess! Im Falle der Gewerbesteuer meldete Staatsministerin Weiss erleichert, dass Künstler praktisch nicht betroffen sein, weil sie die Freigrenze von 25.000 EUR nicht erreichten, kurz: Zu arm, um Steuern zu zahlen! Doch die Umwidmung des Künstlerberufs vom Freiberufler zum Gewerbetreienden konnte wohl nicht verhindert werden. Der Künstlerberuf, die Freiheit der Künste genießt einen besonderen Schutz durch das Grundgesetz: Doch das BMF kümmert das nicht, wenn es um Haushaltslöcher geht?
Die Planungen zur Ausländersteuer werden wohl zu einem weiteren Test: Wer macht die Kulturpolitik des Bundes?



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