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Kassel (ddp-hes). Die Beteiligung der NPD an einem Kunstprojekt im Museum Fridericianum in Kassel hat für einen Eklat gesorgt. Weil die rechtsextreme Partei von dem schweizerischen Künstler Christoph Büchel zu einer «Parteienmesse» eingeladen wurde, sagten alle im Bundestag vertretenen Parteien ihre Teilnahme ab.
Die Kasseler Landtagsabgeordnete der Linken, Marjana Schott, sprach von einer «ungeheuerlichen Entgleisung» der Kunsthalle und rief zu Protesten auf: «Die künstlerische Freiheit darf nicht dazu missbraucht werden, rechtsradikale Parteien hoffähig zu machen.» Auch CDU, SPD, FDP und Grüne machten ihre ursprünglichen Zusagen wieder rückgängig. «Für uns als demokratische Volkspartei ist eine Teilnahme in diesem Rahmen nicht möglich», sagte eine Sprecherin des CDU-Bundesvorstands am Donnerstag. Die Bundesgeschäftsführerin der Grünen, Steffi Lemke, forderte das Fridericianum in einem Brief auf, die NPD auszuladen: «Die NPD ist ein erklärter Feind unserer offenen Gesellschaft und der parlamentarischen Demokratie.» Sie dürfe nicht wie eine «normale» Partei behandelt werden. FDP-Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz kritisierte außerdem, «dass allen Parteien - ohne Rücksicht auf Bedeutung und Ernsthaftigkeit - der gleiche Raum zur Darstellung zur Verfügung steht.»Die Parteienmesse «Politica» soll am Wochenende über die Bühne gehen. Sie ist Teil der Ausstellung «Deutsche Grammatik» des für provokative Projekte bekannten Künstlers Christoph Büchel, die von Freitag an gezeigt wird. Der künstlerische Leiter der Kunsthalle Fridericianum, Rein Wolfs, verteidigte die Messe. Es seien alle beim Bundeswahlleiter zugelassenen Parteien eingeladen worden, sich mit einem Stand auf der «Politica» zu präsentieren. 38 Parteien hätten sich gemeldet und zumindest zeitweilig zugesagt. «Wir geben hier ein Abbild von Deutschland», sagte Wolfs. «Es gehört zur Realität in Deutschland, dass auch von uns als undemokratisch angesehene Parteien aus der Parteienfinanzierung Geld bekommen.» Mit der Ausstellung wolle Büchel «die jüngere deutsche Geschichte und aktuelle politische und gesellschaftliche Strukturen des Landes» thematisieren, erklärte die Kunsthalle.
Der Künstler ließ dafür das Fridericianum, das das älteste Museum in Deutschland ist und alle fünf Jahre als Herzstück der Weltkunstschau Documenta dient, vollständig umbauen und umfunktionieren. Unter anderem richtete er eine Spielhalle, ein Sonnenstudio, ein Fitness-Center, ein zerstörtes Museum und eine Tourismusmesse ein. Eine rustikale Kneipe wurde komplett mit Küche und Kegelbahn eingebaut und mit zerrissenen Stasi-Akten gefüllt. Im Foyer des Fridericianums hat eine Filiale des Billig-Discounters «MäcGeiz» aufgemacht, der Friedrichsplatz davor wurde als Acker umgepflügt.
Die Schau ist das erste Projekt von Wolfs als neuer künstlerischer Leiter der Kunsthalle Fridericianum. Er habe sich zur Premiere für eine Ausstellung mit Christoph Büchel entschieden, weil der Schweizer imstande sei, «den Diskurs über die Rolle und Bedeutung der Kunst anzukurbeln», sagte der Niederländer. Die Ausstellung läuft bis zum 16. November. Auch was nach dem Wochenende von der umstrittenen Parteienmesse übrigbleibt, soll so lange zu sehen sein. «Sie wird von einer Performance zur Installation», sagte Wolfs.