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Der Orchestervorstand der Sächsischen Staatkapelle Dresden äußert sich in einem offenen Brief zur geplanten Schließung der Staatsoperette in Dresden.
Sehr geehrter Herr Roßberg,Völlig überraschend erhielten wir auf unserer Italientournee die Nachricht aus Dresden, dass im Zuge der Sparmaßnahmen eine Kulturinstitution, nämlich die Staatsoperette zur nächsten Spielzeit geschlossen werden soll.
Wir sind schockiert darüber, dass eine angesehene und wichtige Kulturinstitution Dresdens einfach vernichtet werden soll. Man muss es so hart sagen, denn es wird danach nie wieder, auch nicht bei besserer
Kassenlage, eine Operette in Dresden geben. Dabei sprechen alle sachlichen Gründe gegen diese Entscheidung: Aus kulturpolitischer Sicht ist die Staatsoperette etwas Besonderes, denn sie ist eines der wenigen, wenn nicht das einzige Haus ihrer Art in Deutschland. Sie spielt ein völlig eigenständiges Repertoire, ist immer sehr gut ausgelastet und spricht zudem ihr eigenes Publikum an. Damit ist sie ein wesentlicher Teil des vielfältigen kulturellen Spektrums in Dresden, der hier einfach wegen fehlender Lobby geopfert werden soll. Dabei ließe sich mit einem attraktiven Neubau in zentraler Lage und einer progressiven Vermarktungsstrategie die Wirtschaftlichkeit ganz sicher weiter steigern - Pläne und Vorschläge dazu gab es ja bereits einige.
Aber auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ist diese Entscheidung völlig falsch. Sie zielt ausschließlich darauf ab, kurzfristig etwas Geld zu sparen. Langfristig wird Dresden dadurch allerdings eindeutig verlieren. Sowohl Investoren als auch Gäste aus der ganzen Welt kommen nach Dresden, weil bestimmte Assoziationen geweckt werden: z. B. eine historische Architektur, eine wunderschöne landschaftliche Umgebung, berühmte Museen; aber nicht zuletzt ist der Ruf Dresdens in erster Linie von den kulturellen Einrichtungen geprägt. Die Kultur ist das Pfund mit dem Dresden wuchern muss, um die Bedeutung und den Glanz wieder zu erlangen, den es vor dem 2. Weltkrieg hatte! Hier bildet die Staatsoperette zusammen mit Semperoper, Staatskapelle, Dresdner Philharmonie, dem Schauspielhaus, Kreuzchor, anderen hervorragenden Chören, dem Zentrum für zeitgenössische Musik und vielen anderen Ensembles, Kleinkunstbühnen usw. eine hervorragenden Ausgangspunkt.
Nur eine Stadt, die ein besonderes, einzigartiges Profil hat, ist sowohl für Touristen und Kongresse, aber auch als Wirtschaftsstandort attraktiv, schafft damit Arbeitsplätze und bietet nicht zuletzt ein hohes Maß an Lebensqualität. Diese Chance durch kurzsichtige Sparmaßnahmen aufs Spiel zu setzten, ist ein völlig falsches Signal an die Bevölkerung.
Das Beispiel des neuen Dortmunder Konzerthauses zeigt, dass es auch anders geht: Durch einen Schulterschluss der Politik mit privaten Investoren konnte ein mutiges und zukunftsweisendes Projekt realisiert werden, dass in modifizierter Weise auch auf Dresden übertragbar ist.
Deshalb fordern wir: eine weitere Profilierung Dresdens als Kulturstadt, anstelle konzeptionslosen Kahlschlags!
Orchestervorstand der Sächsischen Staatkapelle Dresden
Simon Kalbhenn
Jörg Fassmann
Wolfram Große
Harald Heim
Andreas Schreiber