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Open Mind in Open Space

Untertitel
Horizonterweiterung für die Jugendorchesterarbeit
Publikationsdatum
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„Neue Wege und Visionen für die Jugendorchesterarbeit von morgen“ – so hieß der Titel der Tagung, zu der die Arbeitsgruppe Jugendorchester (AGJO) der JMD vom 5. bis 7. November 1999 nach Weikersheim eingeladen hatte. Ich hatte mich ohne besondere Erwartungen und vielleicht sogar ein bisschen skeptisch für den Termin angemeldet. Angegeben war lediglich das Tagungsprinzip: „Open Space“. Aber wer konnte sich unter dem „Prinzip der Kaffeepause“ (so die Erläuterung) etwas vorstellen – mir jedenfalls klang das zunächst ein wenig beliebig und hilflos. Fehlte da ein Konzept? Oder hatten die Veranstalter selber keinen Plan? Doch nun hatte man sich angemeldet und wollte das Beste machen aus diesem Wochenende. Und genau das war der Trick, mit dem die Organisatoren uns überraschten, über dessen Erfolg sie aber letztlich ebenso erstaunt waren! Man wollte nicht nur das Beste mache aus diesem Wochenende, man hatte schließlich auch etwas zu geben, war kompetent und kam mit konkreten Fragen. Denn alle angereisten Teilnehmer – seinen es nun junge Instrumentalisten, Orchestersprecher oder Geschäftsführer, Dirigenten und Funktionäre aus den verschiedensten Jugendorchestern in Deutschland – kannten die Arbeit von innen, wenn auch aus jeweils anderer Perspektive. Und der sich schnell einstellende und überwältigende Aha-Effekt war, dass diese Gruppe aus engagierten Musikerinnen und Musikern sich sehr wohl selbst zu organisieren wusste – und dass vielleicht sogar besser und effektiver, als wenn ein vorgegebenes Programm diesem überschießenden Drang Fesseln angelegt hätte.

Drei Tage tagen und keiner, der einem sagt warum oder worüber? Eine „aufregende“ Fachtagung war angekündigt – ohne vorgegebene Themen, wohlklingende Namen oder strukturierendes Programm! Da schien eher das genaue Gegenteil zu drohen. Das klang nicht gerade einladend, und schon gar nicht für jemanden, der sich hierzu durch die halbe Republik auf den Weg machen musste. Aber es kam ganz anders! Jugendorchesterarbeit wurde auf lebendigste Weise erfahrbar und fruchtbar. „Neue Wege und Visionen für die Jugendorchesterarbeit von morgen“ – so hieß der Titel der Tagung, zu der die Arbeitsgruppe Jugendorchester (AGJO) der JMD vom 5. bis 7. November 1999 nach Weikersheim eingeladen hatte. Ich hatte mich ohne besondere Erwartungen und vielleicht sogar ein bisschen skeptisch für den Termin angemeldet. Angegeben war lediglich das Tagungsprinzip: „Open Space“. Aber wer konnte sich unter dem „Prinzip der Kaffeepause“ (so die Erläuterung) etwas vorstellen – mir jedenfalls klang das zunächst ein wenig beliebig und hilflos. Fehlte da ein Konzept? Oder hatten die Veranstalter selber keinen Plan? Doch nun hatte man sich angemeldet und wollte das Beste machen aus diesem Wochenende. Und genau das war der Trick, mit dem die Organisatoren uns überraschten, über dessen Erfolg sie aber letztlich ebenso erstaunt waren! Man wollte nicht nur das Beste mache aus diesem Wochenende, man hatte schließlich auch etwas zu geben, war kompetent und kam mit konkreten Fragen. Denn alle angereisten Teilnehmer – seinen es nun junge Instrumentalisten, Orchestersprecher oder Geschäftsführer, Dirigenten und Funktionäre aus den verschiedensten Jugendorchestern in Deutschland – kannten die Arbeit von innen, wenn auch aus jeweils anderer Perspektive. Und der sich schnell einstellende und überwältigende Aha-Effekt war, dass diese Gruppe aus engagierten Musikerinnen und Musikern sich sehr wohl selbst zu organisieren wusste – und dass vielleicht sogar besser und effektiver, als wenn ein vorgegebenes Programm diesem überschießenden Drang Fesseln angelegt hätte. Themen wurden gesammelt und offene Arbeitsgruppen dazu gebildet, die sich ebenso unkompliziert zusammenfanden wie sie sich dann, nach erschöpftem Diskussionsbedarf, auch wieder auflösten. So fanden sich stets, und doch immer wieder erstaunlich, die richtigen Gesprächspartner. Und aus jedem Thema eröffneten sich gleich wieder neue, so dass das Ganze, einmal angestoßen, eine unaufhaltsame Eigendynamik entwickelte. Die Ergebnisse einer jeden Arbeitsgruppe wurden protokolliert und an einer Pinnwand allen übrigen zugänglich gemacht. Auch das fand sich wie „von selber“. Denn dass die gesammelten Informationen und Gedanken nicht verloren gingen, dafür fühlten sich alle verantwortlich.

Über die leidenschaftliche Diskussion an heißen Themen stellten sich aber nebenbei noch ganz andere Effekte ein: Man lernte Leute aus anderen Orchestern kennen, die ähnliche Erfahrungen, Probleme und Ideen hatten, fühlte sich verstanden und bestätigt und wurde neugierig auf ihre Arbeit – weit ab von jeglichem Konkurrenzdenken, nach dem Orchester sich gegenseitig mit großem Misstrauen begegnen, den Nachwuchs und gute Instrumentalisten abspenstig machen, Reviere abstecken oder über Niveau und Erfolg um Ansehen und Publikum buhlen. Ebenso war von der starren Hierarchie und den Pultkämpfen innerhalb eines Orchesters nichts zu spüren. Alter und Funktion der Teilnehmer spielten kaum eine Rolle. Das ist sicherlich eine derjenigen Eigenschaft, die die Jugendorchesterarbeit ohnehin von der in Berufsorchestern wohltuend unterscheidet. Dennoch brachte gerade die Tagungsform dieses immense Kapital besonders gut zur Geltung und löste somit in wunderbarer Weise den Anspruch der JMD auf Partizipation der Jugendlichen ein.

Zu guter Letzt soll nicht verschwiegen werden, dass die Tagung sehr wohl „moderiert“ wurde. Denn auch wenn sich das „Prinzip der Kaffeepause“ im nachhinein als ebenso simpel wie erfolgreich herausstellte, es musste erst auf den Weg gebracht, die Gruppe in ihrer eigenen Kraft entfesselt werden. Diese Aufgabe hatte die Psychotherapeutin und Organisationsberaterin Dr. Katrina Petri übernommen, deren außergewöhnliches Geschick gerade daran abzulesen war, dass man sie und ihren Anteil am Gelingen kaum wahrnahm.

Ob sich das Prinzip auch in größeren Kreisen bewährt, bleibt nur zu hoffen. Immerhin waren zur Tagung vornehmlich diejenigen gestoßen, die sich bereits engagieren, die ohnehin schon Verantwortung tragen oder sich für „ihr“ Orchester verantwortlich fühlen. Aber vielleicht vermag die Dynamik der offenen Räume selbst noch den hintersten Bratscher vom letzten Pult aufzurütteln und ihn zu ungeahntem Engagement emporzureißen. Am Ende fuhr ich überrascht, voller Eindrücke und mit einem Bündel an Ideen und neuen Kontakten aus Weikersheim ab.

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