Body
Was müssen und was können Kommunen heute leisten? Tagung am Samstag, 04. Dezember 2004 im Karmeliterkloster, Frankfurt am Main
Im europäischen und internationalen Vergleich haben die deutschen Kommunen einen vom Grundgesetz garantierten, relativ großen Handlungsspielraum für eigenständige Politik. Sie üben die meisten Funktionen aus und sind für etwa 80% aller ausführungsbedürftigen Bundes- und Landesgesetze zuständig; über sie laufen etwa zwei Drittel aller öffentlichen Investitionen.Dem stehen allerdings deutliche Schwächen kommunaler Steuerungsmöglichkeiten gegenüber, da die Kommunen einerseits kein eigenes Recht setzen können und mit immer mehr Vorschriften von EU, Bund und Ländern konfrontiert sind und da andererseits die kommunalen Haushalte unter einer sich zuspitzenden Dauerkrise leiden.
Dazu kommt, dass die Kommunen mit einer Reihe von neuen Herausforderungen und mit wachsenden Aufgaben konfrontiert sind wie beispielsweise einer z.T. grundlegenden Änderung der demografischen und ethnischen Zusammensetzung der Bevölkerung, wachsender Heterogenität und Ungleichheit, Schrumpfung der Bevölkerung, wachsender Verflechtung von städtischen Zentren und Umland usw., ihr Handlungsspielraum aber durch finanzielle Auszehrung bedroht ist und die Vermittlungsleistung kommunaler Politik zwischen BürgerInnen und Staat durch Globalisierungs- und Denationalsierungstendenzen gefährdet ist.
Diese Diskrepanz zwischen umfangreichen Aufgaben und mangelnden Handlungsspielräumen und finanziellen Mitteln führt neben der Forderung nach einer grundlegenden Gemeindefinanzreform auch zu einer zugespitzten Debatte über eine Neubestimmung von Pflichtaufgaben und freiwilligen Aufgaben in den Kommunen.
Besonderer Handlungsdruck besteht im Bereich der kommunalen Sozial-, Bildungs- und Kulturpolitik. Längst spüren die Bürgerinnen und Bürger, wie die Kommunen aufgrund leerer Kassen den Rotstift ansetzen beim Unterhalt von kulturellen Einrichtungen, bei Stadtteilbibliotheken oder beim eigentlich von allen befürworteten Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen.
In diesem zugespitzten Verteilungskampf stellt sich die Frage nach den Kriterien für eine Prioritätensetzung, was kommunale Aufgaben angeht: Wie sollen sie aussehen, die künftigen öffentlichen Dienstleistungen der Kommune? Was soll Vorrang bekommen und wer soll darüber entscheiden? Welche Erwartungen haben Bürgerinnen und Bürger an die Kommunen? Was ist verzichtbar, was unverzichtbar?
Stellt sich wirklich die Frage "Opernhäuser oder Krabbelstuben"? Oder muss vielmehr stärker gefragt werden, welche Art von kommunaler Kultur- und Sozialpolitik wir brauchen, wie sie zu organisieren und zu finanzieren ist und mit welchen Zielen jeweils welche einzelnen Einrichtungen, seien es soziale, seien es kulturelle, gefördert werden?
Mit diesen und ähnlichen Fragen will sich die Tagung vor allem am Beispiel von kommunaler Sozial- und Kulturpolitik auseinandersetzen.
Tagung am 04.12.2004, 10:15 - 17:30 im Dormitorium des Karmeliterklosters (Institut für Stadtgeschichte), Münzgasse 9, 60311 Frankfurt
Veranstalter: Heinrich-Böll-Stiftung Hessen e.V.
Programm s. unter:
http://www.sarah-sorge.de/cms/default/dok/47/47703.opernhaeuser_oder_kr…