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Peymann bangt ums Berliner Ensemble

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Der «kulturelle Partisan» - Intendant Claus Peymann im Kampf um das Berliner Ensemble - Einschneidende Veränderungen stehen bevor

Berlin (ddp-bln). Das Berliner Ensemble (BE) und das Land Berlin sind symbiotisch miteinander verbunden. Das hat BE-Intendant Claus Peymann am Dienstag vorgerechnet. In sechseinhalb Stunden gebe Berlin für Zinszahlungen 1,8 Millionen Euro aus. Diese Summe entspreche genau der Höhe der Subventionen, die dem Theater in diesem Jahr entzogen würden, bis 2007 blieben Lottomittel von insgesamt 9,6 Millionen Euro aus. «Der Anschlag auf das Theater wird vorbereitet», sagte Peymann. «Das BE in der bisherigen Form kann so nicht erhalten bleiben.»

Der Intendant, seit der Spielzeit 2000/2001 im Amt, hat wiederholt auf die dramatische Situation für die Kultur in der Hauptstadt im allgemeinem und für sein Haus im besonderen hingewiesen. Zuletzt tat er das Anfang des Monats wie gewohnt leidenschaftlich bei einer Theateranhörung, zu der die kulturpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Antje Vollmer, geladen hatte. Auf diese Dramatik wies Peymann jetzt erneut hin: «Es wird einschneidende Veränderungen im BE geben.»

Sollte es bei der Entscheidung der Politik bleiben, könnten Meisterregisseure wie Peter Zadek, George Tabori und Robert Wilson oder Schauspieler wie Carmen-Maja Antoni, Ilse Ritter oder Manfred Karge nicht mehr bezahlt werden, betonte der Intendant. Das BE werde dann nicht mehr Meisterklasse sein, sondern eine «Truppe entwickelter Anfänger». Peymann sprach von einer «Zumutung», aufgrund der unsicheren Finanzsituation über zwei Jahre hinaus nicht planen zu können.

Dennoch werde er seinen bis 2007 laufenden Vertrag erfüllen, betonte Peymann. Doch er werde Widerstand leisten und wenn die Zeit reif dafür sei, auch das Publikum dazu auffordern. Er habe bereits von einem «Guerillakrieg» gesprochen. «Warum soll ich nicht auch zum kulturellen Partisanen werden», fragte Peymann. Die Menschen, die ins BE gingen, wollten große Geschichten mit großen Künstlern und großen Regisseuren. «Wir sind die Avantgarde», unterstrich Peymann und kritisierte zugleich Theatermacher, die auf TV, Videos und Filme in ihren Inszenierungen setzten.

Mit 87,6 Prozent Auslastung ist das BE Spitzenreiter unter den vier großen Sprechbühnen der Hauptstadt. Als ein Beispiel für die große Nachfrage nannte Peymann «Leonce und Lena» von Büchner. Die Juni-Aufführungen seien bereits zu 30 Prozent verkauft. Auch die so genannten BE-Zugaben seien ein Renner, in diesem Monat mit Funny van Dannen, im März lesen Christa Wolf, Imre Kertész, Max Goldt und Bruno Ganz, Gisela May sinkt Kurt Weill. Sollte es bei den Sparvorgaben bleiben, werde es das nicht mehr geben. «Ich kann mir das nicht vorstellen», sagte Peymann.

Andrea Marczinski


Mit «Ritter, Dene, Voss» von Thomas Bernhard kommt eine legendäre Peymann-Inszenierung aus Wien nach Berlin. Die Hommage von Bernhard an die drei Titelfiguren Ilse Ritter, Kirsten Dene und Gert Voss erlebte am 31. Januar 2004 im Wiener Akademietheater ihre umjubelte Wiederaufnahme. Anlass war der 15. Todestag des Schriftstellers und Dramatikers (1931-1989) am 15. Februar.

Uraufführung für das Stück war 1986 bei den Salzburger Festspielen, Premiere in Wien im Herbst des gleichen Jahres. 1987 gastierte das Wiener Burgtheater mit «Ritter, Dene, Voss» beim Berliner Theatertreffen. Von 1986 bis 1997 stand es 116 Mal auf dem Spielplan in Wien und gastierte in vielen Ländern. Mehr als 63 000 Menschen sahen die Peymann-Inszenierung. Der Intendant des Berliner Ensembles (BE), 13 Jahre lang Burgtheater-Chef, nennt sie selbst seine gelungenste.

Im BE sind Aufführungen am 3., 4., 6. bis 8. September fest gebucht. Geplant sind drei weitere Vorstellungen im Oktober und von Dezember bis April 2005 bis zu fünf monatlich.