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München (ddp-bay). Junge Komponisten müssten nach Ansicht des Musikmanagers Peter Ruzicka besser gefördert werden. Der künstlerische Leiter der Münchener Biennale für zeitgenössisches Musiktheater plädierte in einem ddp-Interview dafür, dass die Verwertungsgesellschaft GEMA Kredite für junge Komponisten bereitstellt.
«Im Alter von etwa 25 Jahren schwanken viele Komponisten, ob sie sich auf die freie Wildbahn der Tonkunst begeben oder sich doch einen Brotberuf suchen sollen. In dieser Phase wäre eine vorübergehende Förderung besonders wichtig», sagte Ruzicka. Das Geld sollte erst dann zurückgezahlt werden, wenn die Komponisten von ihrer Kunst leben könnten.Die GEMA reagierte offen auf den Vorschlag Ruzickas. Die GEMA Stiftung fördere bereits jetzt junge Komponisten und Textdichter zum Beispiel durch zweckgebundene Ausbildungsbeihilfen. Allerdings plane die Verwertungsgesellschaft, «ihre kulturellen Förderaktivitäten zukünftig zu intensivieren», sagte GEMA-Sprecherin Bettina Müller. Man nehme den Vorschlag Ruzickas «gern in den momentan intern zur Diskussion stehenden Ideenpool auf». Ergebnisse seien wohl im Juli zu erwarten.
Als weitere Fördermöglichkeit nannte Ruzicka staatliche Stipendien auf Lebenszeit, wie sie in skandinavischen Ländern angeboten würden. Eine solche Lösung biete jungen Komponisten große wirtschaftliche Sicherheit. Andererseits sei sie aber weit vom Leistungsprinzip entfernt. «Es gibt Fälle, wo ein anfangs als sehr produktiv eingeschätzter Komponist plötzlich verstummt und keine Zeile mehr schreibt. Es geht natürlich nicht, dass dann die Förderung weiter gewährt wird», sagte Ruzicka vor der am Donnerstag beginnenden Münchener Biennale.
Der Komponist Hans Werner Henze hatte das Festival für zeitgenössisches Musiktheater vor 20 Jahren gegründet. Seitdem hat es sich nach Einschätzung Ruzickas zu einer weltweit anerkannten Veranstaltung entwickelt. Zahlreiche Auftragswerke der Biennale seien nach ihrer Uraufführung in München mit großem Erfolg um die Welt gegangen, etwa die Opern «Shadowtime» des britischen Komponisten Brian Ferneyhough oder «Marco Polo» von dem chinesischen Komponisten Tan Dun. Insgesamt seien bisher mehr als 80 Werke zeitgenössischen Musiktheaters während der Biennale erstmals auf die Bühne gebracht worden.
Die zeitgenössische Musik steht laut Ruzicka vor einem Paradigmenwechsel - weg von der mit alten Versatzstücken arbeitenden Postmoderne, hin zu einer «zweiten, reflektierenden Moderne», die sich ihres Standortes in der Gesellschaft wieder stärker bewusstwerde. Dies führe auch zu einer «neuen Sinnhaftigkeit» zeitgenössischer Musik und zu einer gestärkten Verantwortung des Komponisten für sein Werk. Die Suche nach neuen Möglichkeiten der Klangerzeugung, etwa mittels elektronischer oder medialer Hilfsmittel, sei an einem «Punkt der Erschöpfung» angekommen, konstatiert Ruzicka.
Um das Publikum für zeitgenössische Oper und Musik macht sich Ruzicka keine Sorgen. Nicht nur bei der Münchener Biennale sei das Publikumsinteresse ungebrochen. Neben erfahrenen Gästen, die sich oft mit zeitgenössischer Musik auseinandersetzten, gebe es auch viele Quereinsteiger und Neugierige. «Nichts ist schlimmer, als wenn man nur für die spielt, die sowieso schon alles kennen.»