Die meisten Barmer Bürger waren wohl schon im Bett als vor genau 100 Jahren eine heftige Explosion das Stadttheater erschütterte. Wie sich später herausstellte, hatte ein Kurzschluss den Brand verursacht, der schnell die ganze Bühne entflammte. Selbst der Einsatz von 500 Feuerwehrmännern konnte nicht verhindern, dass das Haus völlig zerstört wurde. Aber schon am nächsten Tag kündigte der damalige Oberbürgermeister in der Stadtverordnetenversammlung den sofortigen Wiederaufbau des Theaters an. Diese Entscheidung stand für den politischen Willen, dass eine Stadt, die erst Jahre später gemeinsam mit Elberfeld zu Wuppertal wurde, eine „Stätte der Kunst, der Bildung und guten Erholung“ braucht.
Die meisten Barmer Bürger waren wohl schon im Bett als vor genau 100 Jahren eine heftige Explosion das Stadttheater erschütterte. Wie sich später herausstellte, hatte ein Kurzschluss den Brand verursacht, der schnell die ganze Bühne entflammte. Selbst der Einsatz von 500 Feuerwehrmännern konnte nicht verhindern, dass das Haus völlig zerstört wurde. Aber schon am nächsten Tag kündigte der damalige Oberbürgermeister in der Stadtverordnetenversammlung den sofortigen Wiederaufbau des Theaters an. Diese Entscheidung stand für den politischen Willen, dass eine Stadt, die erst Jahre später gemeinsam mit Elberfeld zu Wuppertal wurde, eine „Stätte der Kunst, der Bildung und guten Erholung“ braucht.Heute scheint ein derartiger Wille zu fehlen, auch wenn die Wuppertaler CDU Ende des ver- gangenen Jahres in Form einer Anzeige in der lokalen Presse klarstellte, „dass Wuppertal in der Verpflichtung steht, eine dem Weltniveau des Tanztheaters Pina Bausch entsprechende Spielstätte bereitzustellen“. In den Jahren zuvor hatte die Stadt versäumt, für die nötige Instandhaltung des Opernhauses in Barmen und des Schauspielhauses in Elberfeld die entsprechenden Mittel bereitzustellen. Diese Nachlässigkeit hat dazu geführt, dass mittlerweile fast 65 Millionen Euro nötig sind, um die beiden Häuser grundlegend zu renovieren. Solch eine Summe hat die Stadt Wuppertal angesichts ihrer desolaten Haushaltssituation nicht zur Verfügung. Belässt die Stadt aber die beiden Häuser in ihrem momentanen Zustand, droht die baupolizeiliche Schließung, denn sie entsprechen nicht den aktuellen Sicherheits- und Brandschutzerfordernissen. Deshalb hat der von der CDU dominierte Rat der Stadt ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es soll alternativ klären, was es kostet, die beiden bestehenden Häuser in einen vernünftigen bespielbaren Zustand zu bringen oder ein Zweisparten-Theater mit dem Tanztheater Pina Bausch in einem Haus unterzubringen. Die zweite Variante wiederum bedeutete, dass eine der beiden traditionellen Spielstätten geschlossen werden würde. Das Tanztheater hat aber vertraglich das Recht, auf beiden Bühnen zu spielen. Dementsprechend empört war Matthias Schmiegelt, der Geschäftsführer des Tanztheaters, dass solche Überlegungen zunächst ohne die Beteiligung der Betroffenen angestellt wurden und bat darum, „dass bei solch weit reichenden politischen Entscheidungen auch die vorher gehört werden, deren Arbeit dadurch bestimmt ist“. Das ist nun soweit, denn noch im Laufe dieses Monats sollen die Ergebnisse des Gutachtens vorgestellt und diskutiert werden.Etwas mehr Bescheidenheit vermisst auch Martina Steimer, die Geschäftsführerin des Rex-Theaters, einer ehemaligen Varietébühne. Sie macht bei den Wuppertaler Politikern mit ihren Plänen für ein neues Theater geradezu eine Gigantomanie aus. Aber ihrer Meinung nach hängen die kulturinteressierten Bürger an ihren angestammten Bühnen und wollen keine schicken Hochglanzhäuser, schließlich werde das Programm nicht besser, indem man es besser verpackt. Im Rex-Theater kann man im Ambiente eines alten Premieren-Kinos die großen Stars der Kleinkunstszene erleben, aber auch regionale Theatergruppen finden dort Auftrittsmöglichkeiten. Das Programm ist so erfolgreich, dass das Rex mit fast 80.000 Besuchern pro Jahr zu den größten Veranstaltern der Stadt zählt, auch wenn in dem alten Haus manches improvisiert werden muss.
Mit der Historischen Stadthalle auf dem Johannisberg besitzt Wuppertal ein prächtiges Gebäude aus der Gründerzeit, das nach seiner 40 Millionen Euro teuren Renovierung in altem Glanz erstrahlt. Der große Saal zählt zu den besten Konzerthallen Europas. Hauptsächlich drei Veranstalter prägen das Musikprogramm in der Stadthalle: das Sinfonieorchester Wuppertal, die Konzertdirektion Wylach und die Konzertgesellschaft. Trotz des erstklassigen Musikangebots geht aber auch in Wuppertal die Zahl der Zuhörer zurück.
Um die Kräfte der Veranstalter zu bündeln, plädiert Rolf Ibach, der Vorsitzende der Konzertgesellschaft, für ein gemeinsames Management aller drei Veranstalter. Allerdings rechnet er nicht mit einer schnellen Entscheidung, denn wegen des Korruptionsskandals um Wuppertals Oberbürgermeister Hans Kremendahl herrsche derzeit eine regelrechte Lähmung in der Politik. Außerdem fehle im Kulturbereich eine kompetente Persönlichkeit, die auch in Zeiten knapper Kassen Visionen entwickeln könne.
Nicht um Visionen, sondern um konkrete Zahlen geht es bei einer Studie, die das Sinfonieorchester in Auftrag gegeben hat. Bislang sind dessen Konzerte im Schnitt zu 75 Prozent ausgelastet. Gudrun Euler, die Direktorin der Sinfoniker, möchte diese Zahl erhöhen, denn hauptsächlich wird dieses Ergebnis über den Einzelkartenverkauf erreicht. Sie möchte verstärkt Abonnements verkaufen, schließlich sei die Qualität des Orchesters durch die Verjüngung der Musiker und den amerikanischen Generalmusikdirektor George Hanson auf höchstem Niveau.
Ganz ohne einen Etat aus der kommunalen Kasse kommt die Reihe „Nachtfoyer“ im Schauspielhaus aus. Der Saxophonist Wolfgang Schmidtke zeigt hier seit fünf Jahren ein ambitioniertes und erfolgreiches Jazzprogramm. Wuppertal ist ja dank Peter Kowald, Peter Brötzmann und Hans Reichel weltweit ein Markenzeichen in der Szene der improvisierten Musik. Aber Schmidtke präsentiert in seiner Reihe nicht nur Stars wie Lee Konitz oder Steve Lacy. Auch junge Jazzmusiker finden im „Nachtfoyer“ ein Podium. Den Erfolg dieser Konzertreihe führt Wolfgang Schmidtke darauf zurück, dass fast jedes Programm eigens für diese Reihe entwickelt wird. Außerdem habe das Foyer im Schauspielhaus eine gute Atmosphäre, ohne so laut und verraucht zu sein wie eine Jazz-Bar. Finanziell getragen wird die Reihe von den „Freunden der Wuppertaler Bühnen und des Sinfonieorchesters“. Die Einnahmen an der Abendkasse kommen vollständig den Bühnen zugute. Der Erfolg des Nachtfoyers hat Wolfgang Schmidtke animiert, im kommenden Herbst ein ganzes Festival zu veranstalten.
Uli Armbruster vom Talklang e.V. veranstaltet seit fast zehn Jahren Konzerte in Wuppertal. Zunächst lag sein Schwerpunkt noch beim Jazz, bald öffnete er jedoch seine Aktivitäten immer mehr in Richtung Weltmusik. Das jährliche Talklang-Festival soll nicht zuletzt auch ein Spiegel der vielen Kulturen sein, die in Wuppertal zu Hause sind.
Trotz der knappen Kassen hat Wuppertal eine traditionell reiche und aktive Musikszene. Es gibt zahlreiche Chöre wie die bekannte Kantorei Barmen-Gemarke und die Wuppertaler Kurrende, Dutzende von Rock- und Jazzbands, die Bergische Musikschule und die Musikhochschule, die Wuppertaler Orgeltage und die Bergische Gesellschaft für Neue Musik. All das ist nur ein kleiner Teil einer breiten Bürgerbewegung, die sich allein für die Musik in Wuppertal engagiert. Auf diese Kraft sollten sich die Politiker besinnen, wenn sie über die Zukunft der Kultur entscheiden.