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Düsseldorf/Berlin (dpa) - Auch die Kulturwirtschaft in Deutschland leidet massiv unter der Konjunkturflaute. In neun ausgewählten Kultur-Branchen von Verlagswesen und Film bis zu Buchhandel und Design sei seit dem Jahr 2000 bundesweit ein Umsatzrückgang von fast zehn Milliarden Euro zu verzeichnen.
Dies haben Michael Söndermann vom Bonner Arbeitskreis Kulturstatistik und der Kulturberater Bernd Fesel ermittelt. Lag der Umsatz mit Kunst und Kultur zu Jahrtausendbeginn noch bei gut 83 Milliarden Euro, so sank diese Summe bis 2003 auf knapp 74 Milliarden Euro, sagte Fesel am Montag der dpa in Düsseldorf.Aber selbst in Branchen mit sinkenden Umsätzen seien zahlreiche Unternehmen neu gegründet worden, wodurch die Zahl der Selbstständigen und Firmen mit 134 000 konstant geblieben sei, ermittelten die beiden Experten. Vorgestellt werden sollen die Zahlen auf der «Jahrestagung Kulturwirtschaft» an diesem Donnerstag in Berlin.
Auch wenn die meisten Kulturpolitiker dies nicht hätten wahrhaben wollen, «aber die deutsche Kulturwirtschaft hat einen Schwächeanfall», sagte Volkswirt Fesel. Der «Knick» nach stetigem Aufwärtstrend habe bei den meisten Branchen im Jahr 2000 eingesetzt. Allerdings sei im Gegensatz zum allgemeinen Trend die Kulturwirtschaft in Berlin bis 2002 noch um jährlich mindestens vier Prozent gewachsen.
Im Vergleich zu Deutschland sei in Großbritannien, wo die Kultur im Jahr 2003 einen Umsatz von gut 45 Milliarden Euro erwirtschaftet habe, ein stetiges Wachstum festzustellen. Dies habe gegenüber 2002 bei 1,3 Prozent gelegen.
Besonders deutlich sei der Abwärtstrend in Deutschland bei der Filmwirtschaft und TV-Produktion, wo nach 2000 binnen drei Jahren ein Umsatz-Minus von über zehn Prozent zu verzeichnen gewesen sei. Auffällig sei jedoch, dass gerade hier kleinere Unternehmen noch ein deutliches Plus erzielen konnten, die «Giganten» aber auf dem deutschen Markt kräftige Abstriche hätten hinnehmen müssen, sagten Söndermann und Fesel.
Weitere herbe Umsatz-Verluste zwischen rund fünf und drei Prozent hätten Architekten, Designer, Rundfunk- und TV-Unternehmen sowie Verlage betroffen. Als einzige der neun Branchen hätten selbstständige Journalisten und Nachrichtenbüros (plus 3,8 Prozent) sowie die Museen (plus 6,4 Prozent) zwischen 2000 und dem Jahr 2003 Umsatzzuwächse zu verzeichnen gehabt.
Heftig kritisierten die beiden Experten die verschiedenen Kulturwirtschaftsberichte der Bundesländer, die wegen ihrer unterschiedlichen Methoden kein realistisches Bild der Situation zeichneten. So würden hier oft hohe Umsatzzahlen ermittelt, indem man dem Kunstsektor auch die Schuh- oder Möbelindustrie zurechne. Diese unklaren Kriterien führten zu einem «statistischen Babylon, dass eindeutig dem Anliegen schadet, die Kultur als Wirtschaftsfaktor zu stärken».