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Revolution im Rock - Oldenburger Museum zeigt Ausstellung «Kleider machen Politik» - Stoibers Lederhose und Genschers gelber Pullover können neben anderer politischer haute couture bestaunt werden
Oldenburg (ddp). Die modischen Vorlieben von Kanzler und Kandidaten prallen derzeit in Oldenburg aufeinander. Im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte hängen eine Rothirsch-Lederbundhose von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) und schwarz-gelbe Schuhe mit «18 %» unter der Sohle von Mitstreiter Guido Westerwelle (FDP). Über den Kleidungsstücken thront ein Bild von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) wie man ihn kennt - im Designer-Anzug von Brioni. «Kleider machen Politik», sagt Siegfried Müller und so heißt auch die Ausstellung, die er sich ausgedacht hat und die Samstag eröffnet wird.Bis zum 24. November zeigt die Schau 200 Kleidungsstücke aus dem In- und Ausland, von der Französischen Revolution bis zur rot-grünen Bundesregierung. «Ich wollte erstmalig zeigen, wie Kleidung benutzt wird, um politische Inhalte auszudrücken», sagt Müller. Seine Liste ist lang und beginnt vor ein paar hundert Jahren: Schon Kronprinz Ludwig I. von Bayern lehnte sich im Röckchen auf. Im Jahre 1818 zeigte er sich in Rom in altdeutscher Tracht, um sein «Deutschtum gegenüber Frankreich zum Ausdruck zu bringen. Jetzt ist der Revoluzzer-Rock in Oldenburg zu bestaunen.
Auch der schottische Kilt war Anfang des 18. Jahrhunderts Symbol des Widerstands gegen England. Ab 1789 waren in Frankreich Knöpfe mit Motiven der Revolution der letzte Schrei. Und 1848 zeigten Frauen im gehäkelten und schwarz-rot-goldenen Pompadour in der Frankfurter Paulskirche ihre Begeisterung für die Ziele der Revolution. »Nationaltrachten signalisierten politische Hoffnungen und machten politisch Gleichgesinnte erkennbar«, sagt Müller über seinen »Laufsteg der Nationen«.
Auch in Deutschland schrieben Kleidungsstücke Geschichte, an die das Oldenburger Museum erinnert. Ausgestellt ist das letzte noch vorhandene Kleidungsstück von Ex-Kanzler Konrad Adenauer (CDU): sein Pepita-Hut, der zum Symbol für das Kanzleramt wurde. Berühmtheit erlangte der gelbe Pullover von Ex-Außenminister Hans Dietrich Genscher (FDP). Zu einer Art Markenzeichen wurde auch der rote Schal des ehemaligen Berliner Bürgermeisters Walter Momper (SPD). Außerdem zeigt die Schau den Anzug von Außenminister Joschka Fischer (Grüne), den dieser 1999 bei der Bielefelder Farbbeutel-Attacke trug.
Die Kultur- und Textilwissenschaftlerin der Universität Oldenburg, Karen Ellwanger, sagt: »Seit Eintritt in die Mediendemokratie spielt Kleidung eine immer größere Rolle.« Politiker könnten nicht mehr so mode-abstinent sein wie der frühere Strickjacken-Kanzler Helmut Kohl (CDU), sondern müssten sich zeitgenössisch kleiden. Außerdem greife die Politprominenz zu Sachen, die Aufmerksamkeit erregten oder einen Wiedererkennungswert hätten - man denke an den grünen Paillettenschal von Grünen-Parteichefin Claudia Roth. Stoibers Lederhose, die zur Montur der Gebirgsschützenkompanie Wolfratshausen gehört, werten die Ausstellungsmacher dagegen als Zeichen der »Unverwüstlichkeit der Tradition".
( www.landesmuseum-oldenburg.de)