Leipzig - Das Tanzarchiv Leipzig steht offenbar vor seiner Zerschlagung. Der Freistaat Sachsen, der das Archiv bislang finanziert hat, kürzt in diesem Jahr seine Mittel um etwa 90 Prozent, wie Patrick Primavesi, Direktor des Trägervereins, am Freitag sagte.
Miete und Mitarbeitergehälter könnten nicht mehr gezahlt werden, nach dem August müsse das Archiv seine Räumlichkeiten in der Leipziger Ritterstraße verlassen.
Ein Teil des Archivs soll in die Universität Leipzig umziehen, wo jetzt schon einiges aus der Sammlung lagert. Das bestätigte ein Sprecher des Kunstministeriums auf dapd-Anfrage. Eine Zerschlagung gehe damit nicht einher: «Das ist nicht in unserem Sinne.»
Primavesi zufolge aber ist eine Auflösung unvermeidlich, da die Universität gar nicht genug räumliche Kapazitäten habe. Zudem könnten die Archivgüter - 10.000 Bücher, Film-, Bild- und Tonbestände sowie Nachlässe mehrerer Tanzpioniere - dort nicht fachgerecht gelagert und betreut werden. Prinzipiell sei das Archiv an der Universität gut aufgehoben. Schon jetzt werde es für Forschungszwecke genutzt, sagte Primavesi, der Professor für Theaterwissenschaft an der Universität Leipzig ist. Doch habe die Universität nicht genügend Mittel.
Beim Kunstministerium habe man sich schon mehrmals beschwert, dort werde aber die Kritik abgewiegelt. «Die Situation ist völlig absurd», sagte der Primavesi. «Da werden auch Steuermittel verschwendet. In der Vergangenheit wurde viel investiert, jetzt muss ein großer Teil in den Container.»
Das 1957 gegründete Tanzarchiv Leipzig umfasst die Nachlässe von Tanzpionieren wie Uwe Scholz, Gret Palucca oder Mary Wigman. Es war zu DDR-Zeiten bei der Akademie der Künste angesiedelt. Als diese nach der Wende abgewickelt wurde, wurde das Archiv 1993 in einen Verein in Zuständigkeit des Freistaates Sachsen umgewandelt.
s. auch "Türen in die Vergangenheit - Das Tanzarchiv Leipzig wird 50 Jahre alt", OperTanz, 2007/6