Body
Jena (ddp-lth). Thüringen hält in Sachen Stiftungen das Schlusslicht in Deutschland. Das gelte sowohl für die Zahl der Neugründungen als auch für die schleppende Bearbeitung der Anträge für neue Stiftungen durch die zuständigen Landesbehörden, die personell überlastet seien, sagte der Direktor des Ernst-Abbe-Instituts für Stiftungswesen an der Jenaer Universität, Olaf Werner.
«Wir gründen im Monat durchschnittlich drei neue Stiftungen, aber nicht in Thüringen», betonte der Rechtswissenschaftler. «Stifter gehen dahin, wo sie freundlich aufgenommen werden.»Als sein Institut Anfang 2005 als erste derartige Einrichtung in der Bundesrepublik gegründet wurde, sei Thüringen damit führend gewesen, sagte Werner. Inzwischen seien auch in anderen Bundesländern Einrichtungen nach diesem Vorbild entstanden, die zumeist von den jeweiligen Landesregierungen unterstützt würden. «Das ist in Thüringen nicht so. Wir finanzieren uns überwiegend aus Drittmitteln.» Außerdem fehle im Freistaat nach wie vor ein Landesstiftungsgesetz, kritisierte er.
Dass es in Thüringen so wenig Stiftungen gebe, hänge nach seinen Erfahrungen aber auch «mit der grundsätzlichen Haltung zum Gemeinwesen und einem gewissen Defizit an Bürgerstolz» zusammen. «In Ostdeutschland ist man eher geneigt, die Hand aufzuhalten als etwas rüberzureichen», sagte Werner.
In Thüringen gibt es dem Experten zufolge aktuell rund 190 private Stiftungen, etwa ein Drittel davon in den Bereichen Kunst und Kultur. Nur ein Fünftel widme sich sozialen Zwecken. Große Defizite seien in den Bereichen Kinder und Kinderkrankheiten sowie in der Wissenschaft zu verzeichnen. «Ihnen fehlt ganz einfach die Lobby», sagte Werner.