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Verfemte Musik in der Ukraine

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Die verfemte Musik in der Ukraine ist Ausgangspunkt für ein Projekt des MitOst Vereins, in dessen Rahmen das im Jahre 1996 gegründete Kammerensemble timbre actuel Dresden im August 2004 durch 5 Städte der Ukraine: Lemberg-Kiew-Poltawa-Charkow-Odessa, eine Konzertreise unternehmen möchte.

Schwerpunkt in den Konzerten werden vor allem die Werke jüdischer Komponisten des 20. Jahrhunderts sein, deren kulturelle Herkunft sich gerade auch in ihrem Schaffen widerspiegelt. Es entsteht somit die Chance jene Musik des frühen 20. Jahrhunderts wieder lebendig und bekannt zu machen, denn aufgrund der politischen Verhältnisse im damaligen Europa, sahen sich die verschiedenen Künstler und Musiker immer wieder den Repressionen der verschiedenen totalitären Systeme (sowohl Deutschlands als auch der Sowjetunion) ausgesetzt, waren schließlich zur Vergessenheit verurteilt.

Zu den in Vergessenheit geratenen Namen gehören z.B. die Vertreter der Neuen jüdischen Schule, wie die aus der Ukraine stammenden Komponisten Alexander Veprik, Moshe Milner und Alexander Krein. Gerade wegen der Kombination von einerseits modernen Stilelementen und andererseits jüdischer Folklore wurde ihre Musik in der Stalin-Ära unterdrückt und aus der Öffentlichkeit verbannt. Die Werke Moshe Milners wurden beispielsweise verboten. Aus den letzten Jahren seines Lebens ist fast nichts bekannt.

Ein ähnliches Schicksal wartete auch auf ihre westeuropäischen "Kollegen", die während des Hitler-Regimes verfemt waren, sich darauf hin ins innere bzw. äußere Exil flüchteten, oder eben wie so oft in Gefangenschaft gerieten und letztendlich in einem der Straf- und Konzentrationslager ermordet wurden. Letztes gab es in beiden politischen Systemen sowohl in Deutschland, als auch in der Sowjetunion, wo die Menschen in Gulags unter unwürdigen Bedingungen gefangen gehalten wurden.

Es stellt sich nun die Frage nach der Bedeutung der einzelnen Künstler, welcher Gebrauchswert ergibt sich für unsere heutige Zeit aus den Biographien jener Zeit. Moshe Milner, Alexander Krein und der Schweizer Komponist Ernest Bloch verstanden es z.B. in ihren Werken auf Elemente der jüdischen Liturgie und Folklore zurückgreifend, damit die traditionelle Musik mit den modernen Kompositionslehren zu verflechten. In erster Linie vielleicht nicht wirklich von Bedeutung, zeigt sich jedoch in dieser Verquickung eine lebendige Auseinandersetzung mit den verschiedenen Kulturen, einmal also die modern anmutenden Kompositionslehren, die sich in den musikalischen Zentren Europas, wie Berlin, Wien, Leipzig, Paris, etc., aber auch Moskau und St. Petersburg, herausbildeten und dazu der Einfluss der jüdischen Kultur, speziell die Synagogengesänge, welche auf alten Traditionen und Ritualen beruhten. Und wie es der Zufall so will, waren gerade in den bereits genannten Städten die großen jüdischen Gemeinden beheimatet. Man kann demnach davon ausgehen, dass es bis ca. zur Mitte des 20. Jahrhunderts einen regen Austausch zwischen jenen Kulturkreisen gab. Dies belegen Ausbildungsstationen und Studienreisen der oben genannten Komponisten.

Das Projekt hat nun das Ziel diesen Ost-Westkontakt wieder zu beleben und dadurch an die gemeinsame Identität und Vergangenheit in Mitteleuropa zu erinnern. Doch geht es nicht nur um die Wiederaufführung der verfemten Musiker und einer damit beabsichtigten Revitalisierung ihrer Werke, sondern die Auseinandersetzung mit diesem Thema soll vertieft werden, indem einzelne Vorträge von Spezialisten auf dem Gebiet der Kulturwissenschaft und Soziologie, sowie Musikwissenschaft und Geschichte die Konzerte umrahmen und schließlich zur Diskussion auch aktueller Probleme hinsichtlich eines Aneinanderrückens von Ost und West führen sollen.

Die wirksame internationale Kooperation mehrerer Organisationen ermöglichen die Verwirklichung des MitOst-Projektes. MitOst, ein Verein von ehemaligen Stipendiaten der Robert Bosch Stiftung, hat das Ziel der Vermittlung und Förderung von Kultur- und Sprachaustausch, um damit die Völkerverständigung in Mittel-, Ost- und Südosteuropa zu verbessern. Dieser Anspruch soll durch Kultur-, Austausch- und Bildungsprojekte verwirklicht werden. Weitere Kooperationspartner des Projekt "Verfemte Musik in der Ukraine" sind:

- Europäisches Zentrum der Künste Hellerau
- die Jewisch Foundation of Ukraina
- das Auswaertige Amt Deutschlands
- das Zentrum Judaica Krakau