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«Die großen Geschäfte finden nicht hier statt» - Galerien-Verband klagt über schlechte Rahmenbedingungen in Deutschland
München (ddp). Rund 500 Galerien gibt es in Deutschland. 330 von ihnen sind Mitglied im Bundesverband Deutscher Galerien. Der hat sich seit seiner Gründung 1975 zum Ziel gesetzt, deren «vielfältige kulturpolitische Interessen» zu vertreten sowie den freien Marktzugang für alle Mitglieder zu gewährleisten. Vorsitzender ist seit Mai Bernhard Wittenbrink. Mit dem Münchner Galeristen sprach ddp-Korrespondentin Nathalie Waehlisch über die Lage in seiner Branche und aktuelle Entwicklungen.ddp: Klingeln beim Weihnachtsgeschäft auch die Kassen der Galerien?
Wittenbrink: Das ist für uns kein zusätzliches Geschäft. Für Kunst gibt es keine spezielle Saison. Als Weihnachtsgeschenk dient sie eher weniger. Was wir aber feststellen ist, dass sich Leute zu Weihnachten manchmal selber etwas gönnen, nach dem Motto «Jetzt leisten wir uns ein richtig gutes Bild». Und es kommt vor, dass etwas von jungen Künstlern für wenig Geld gekauft wird, um es zu verschenken. Da sind 200 Euro die Obergrenze.
ddp: Wie sieht die allgemeine Lage der Galerien angesichts der schlechten wirtschaftlichen Situation aus?
Wittenbrink: Der Kunsthandel reagiert paradoxerweise immer mit Verzögerung. Er geht später runter als die sonstige Wirtschaft und auch mal früher wieder nach oben. Gerade die letzten Kunstmessen und Auktionen erzielten sehr gute Umsätze. Allerdings muss man differenzieren - Kunsthandel und Galerien sind zweierlei. Die kleineren Häuser müssen kämpfen. Für die Galerien, die versuchen, noch nicht etablierte Kunst an den Mann zu bringen, ist die Lage schon schwierig. Denjenigen, die mit etablierter Ware handeln, geht es relativ gut. Die Menschen sind eher auf gesicherte Werte aus und setzen nicht auf Experimente. Avantgarde wird also momentan weniger gekauft.
ddp: Wo drückt der Schuh noch?
Wittenbrink: Die Rahmenbedingungen für Galerien in Deutschland sind im Vergleich zu anderen Ländern extrem schlecht. Hier gilt zum Beispiel das Folgerecht, wonach Galerien bei jedem Weiterverkauf von Kunstwerken fünf Prozent des Preises an den Künstler zahlen müssen. Das hat auch zur Folge, dass die erfolgreichen Künstler unter ihnen immer reicher und die, die nichts verkaufen, immer ärmer werden. Die großen Geschäfte, etwa in den bedeutenden Auktionshäusern, finden nicht hierzulande statt. Die benutzen Deutschland, um Ware zu akquirieren. Versteigert wird aber meistens im Ausland.
ddp: Allgemein gelten Galerien ja eher als elitär - viele Menschen trauen sich gar nicht rein. Stimmt dieses Image? Und tun die Galerien genug, um Publikum anzulocken?
Wittenbrink: Der Galerieraum wirkt elitär: Er ist groß, hell und meistens ist wenig drin. Die Galeristen selbst versuchen aber, direkt am Publikum zu sein und möchten eigentlich Kunst an jedermann vermitteln. Wir sehen uns nicht als «inner circle». Galerien sind auch ein Ort der Information. Wir als Verband wollen, dass Galerien in der Mitte der Gesellschaft als Forum auch für kulturelle Bildung dienen.
ddp: Empfinden Sie den Verkauf von Kunstwerken im Billig-Segment etwa bei Aldi als Konkurrenz?
Wittenbrink: Wenn es nicht Kitsch, sondern Qualität ist, bin ich nicht dagegen - selbst bei Aldi. Wenn die Unternehmen den Kunden allerdings etwas unterjubeln, lehne ich das strikt ab. Im vergangenen Jahr gab es zum Beispiel eine Aktion bei Aldi, bei der nur die Unterschrift des Künstlers original war. Konkurrenz ist das aber für uns nicht. Der Qualitätsunterschied ist schon erheblich.
ddp: Welche Trends sind derzeit auf dem Kunstmarkt in?
Wittenbrink: Ein augenblicklicher Trend ist - auch weltweit - die deutsche Malerei - angefangen bei Gerhard Richter, Sigmar Polke und Georg Baselitz bis hin zur breiten Generation von wirklich jungen Malern. Das Interesse liegt derzeit bei Malerei und hier bei gegenständlichen Bildern - die verkaufen sich allgemein leichter als Abstraktes. Wenn draußen die Welt in Trümmern zerfällt, wollen die Leute offenbar, dass die Welt wenigstens zu Hause in Ordnung ist.