„Der GEMA geht es gut.“ Mit diesem einleitenden Satz zum Geschäftsbericht des Vorstandsvorsitzenden Reinhold Kreile anlässlich der diesjährigen GEMA-Mitgliederversammlung war bereits vieles gesagt. Es folgte eine beeindruckende Übersicht über Rekordzahlen, über Ertrags- und Ausschüttungssteigerungen zugunsten der Urheber. Um 49,3 Millionen Mark konnte die Verteilungssumme im Jahr 2000 gesteigert werden, wobei sich die Marktschwäche im Tonträgerbereich auch hier bemerkbar macht: im Gegensatz zu den Sparten „U“, „E“ und „Radio/Fernsehen“ erlebte die Tonträgerlizenzierung eine – wenn auch geringe – Einbuße. Von Zahlen war viel die Rede während dieser drei Münchner Tage: kaum verwunderlich bei einem Unternehmen „GEMA“, das sich auch Inkasso-Gesellschaft nennt. Aber ist die GEMA ausschließlich dazu da, Geld einzutreiben, zu verwalten und auszuschütten?
„Der GEMA geht es gut.“ Mit diesem einleitenden Satz zum Geschäftsbericht des Vorstandsvorsitzenden Reinhold Kreile anlässlich der diesjährigen GEMA-Mitgliederversammlung war bereits vieles gesagt. Es folgte eine beeindruckende Übersicht über Rekordzahlen, über Ertrags- und Ausschüttungssteigerungen zugunsten der Urheber. Um 49,3 Millionen Mark konnte die Verteilungssumme im Jahr 2000 gesteigert werden, wobei sich die Marktschwäche im Tonträgerbereich auch hier bemerkbar macht: im Gegensatz zu den Sparten „U“, „E“ und „Radio/Fernsehen“ erlebte die Tonträgerlizenzierung eine – wenn auch geringe – Einbuße. Von Zahlen war viel die Rede während dieser drei Münchner Tage: kaum verwunderlich bei einem Unternehmen „GEMA“, das sich auch Inkasso-Gesellschaft nennt. Aber ist die GEMA ausschließlich dazu da, Geld einzutreiben, zu verwalten und auszuschütten?In der Satzung der GEMA ist unter dem Titel „Zweck des Vereins“ von Rechten die Rede, vom Schutz des Urhebers und von den Bedürfnissen der kulturellen Musikpflege, die berücksichtigt werden sollen. Von Einnahmen und Auszahlungen kein Wort. Hier zeigt sich der Spagat, den eine Verwertungsgesellschaft tagtäglich üben muss. Zunächst ist die GEMA Anwalt des Urhebers und seines Rechts und damit ein Schutzpatron immaterieller Werte. Dies klingt nach einem hohen Ideal – und ist es auch. Das deutsche Urheberrecht ist eine Errungenschaft, die erheblich zur Entwicklung und Entfaltung eines reichhaltigen Kunst- und Kulturschaffens beiträgt. Es gehört in der Tat geschützt.Der aufmerksame Beobachter einer GEMA-Generalversammlung allerdings vernimmt kaum etwas von solch hehren Hintergründen. Vielmehr ist die Rede von Tarifen, Verteilungen und Hochrechnungsverfahren. Hier geht es offensichtlich um rein materielle Werte. Gewiss: die wirtschaftliche Vergütung künstlerischen Schaffens gilt als Basis eben desselben – aber ist doch nicht allein selig machend. Als Solidargemeinschaft präsentiert sich die GEMA jedenfalls nicht, allenfalls als Profitgemeinschaft. Und da sind Differenzen vorprogrammiert: zwischen den Kleinen und den Großen, zwischen Urhebern und Verlagen, zwischen den Mitgliedern der GEMA und „Der GEMA“, weil erstere nicht immer begreifen, dass sie die GEMA selber sind und diese als Verein mit einer demokratischen Satzung selbst gestalten können und sollen. Insofern können Aufsichtsrat und Vorstand zwar Impulse geben und Vorschläge machen, sind aber letzten Endes auf den Input ihrer Mitglieder angewiesen. Die „böse GEMA“ gibt es nicht, aber vielleicht eine, deren Teilhaber die Inhalte ihres Schaffens manchmal aus den Augen verlieren. Die positive Reaktion der Versammlung auf die Mitteilung, auch die GEMA habe einen Beitrag in die Stiftungsinitiative „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ eingezahlt – und zwar unabhängig von der Rechtsfrage, ob bei der STAGMA, der Rechtsvorgängerin der GEMA im Dritten Reich, Zwangsarbeiter beschäftigt waren, mag immerhin als Zeichen dafür gedeutet werden, dass auch Komponisten, Verleger und Textdichter nicht nur an den eigenen Geldbeutel denken.
Noch etwas fällt auf beim Studium des Geschäftsberichts: der Hörer, der doch eine wichtige Rolle in der Verwertungskette spielt, kommt quasi nicht vor. Vom Urheber ist selbstverständlich die Rede, von Partnern wie den ausländischen Verwertungsgesellschaften und von Gegnern wie der Firma Hewlett-Packard. Natürlich auch von den Verwertern, aber diese sind in der Regel Veranstalter, die wiederum ein ökonomisches Interesse an der Musik haben. Dabei sind die Mitglieder der GEMA in zweifacher Hinsicht auf den Endabnehmer ihrer Produkte angewiesen. Zum einen ist er es, der letzten Endes die Eintrittskarten und CDs kauft, die wiederum mit der Verwertungsgesellschaft abgerechnet werden. Zum anderen aber ist er auch der Abnehmer des Produkts im immateriellen Sinne, derjenige, der die geistige Leistung der Urheber zu würdigen weiß. Dass der Applaus das Brot des Künstlers sei, gilt zwar heute – dank der Leistungen aller Kämpfer für das Urheberrecht – weit weniger als in früheren Zeiten. Nach wie vor aber sind gerade Kunstschaffende auf Zuspruch, Lob und Kritik ihrer Rezipienten angewiesen. Es stände einer GEMA-Generalversammlung gut an, sich einmal über heutige und zukünftige Hörer Gedanken zu machen. Sie befände sich in guter Gesellschaft mit anderen Kräften des deutschen Musiklebens, die freilich längst nicht so mächtig, so kapitalkräftig und häufig auch nicht so effektiv sind wie sie selbst. Für die gemeinsame Sache, nämlich Erhalt und Ausbau eines vielfältigen und qualitativen Musikschaffens wie -rezipierens, wäre es jedoch sicher nützlich, wenn die GEMA solche Kräfte wie Musikverbände und Ausbildungsinstitutionen zukünftig verstärkt als Partner betrachten würde. Im Übrigen könnten diese Partner – mit dem hohen Maß an Glaubwürdigkeit, das sie in der Regel in der Öffentlichkeit besitzen – dann auch ein kleines aber feines Gewicht darstellen in den großen Kämpfen, die Verwertungsgesellschaften heute und in Zukunft gegen mächtige Gegner auszukämpfen haben.
Dass es vielerlei Schauplätze gibt, auf denen sich GEMA-Aufsichtsrat und -Vorstand derzeit im Dienste des Urhebers tummeln, war der zweieinhalbstündigen Rede des Vorstandsvorsitzenden unschwer zu entnehmen. Denn nicht nur das reine Zahlenwerk klang eindrucksvoll, sondern auch die Vielzahl an Themen, die die GEMA beschäftigen und die Erfolge, die im vergangenen Geschäftsjahr erzielt wurden. Ganz aktuell konnte Reinhold Kreile auf das Urteil des Landgerichts Stuttgart im Verfahren gegen Hewlett-Packard hinweisen, das einen entscheidenden Schritt in der Frage der Vergügungspflicht für Geräte der digitalen Musikvervielfältigung darstellt. Hier geht es um die Frage, wie die private Vervielfältigung von Musik, die früher per Audio-Kassette erfolgte, heute aber per CD oder direkt übers Internet geschieht, einen angemessenen Beitrag zur Urheberrechtsvergütung beiträgt. Nachdem es bisher nicht möglich war, eine Harmonisierung des Urheberrechtsschutzes in diesem Bereich auf europäischer Ebene zu erreichen, darf jedes Land auch in Zukunft seine eigene Regelung beibehalten. Dem Verfahren der GEMA gegen HP stand also nichts mehr im Wege. Ist die Urheberrechts-Abgabe beim Kauf eines analogen Vervielfältigungsgeräts seit vielen Jahren anerkanntes Gesetz, so setzen sich Hersteller digitaler Geräte gegen eine solche Abgabe zur Wehr. Das Gericht schloss sich in seinem Urteil der Auffassung der GEMA an: CD-Brenner sind vergütungspflichtig im Sinne von Paragraf 54 des Urheberrechtsgesetzes. Die Behauptung der Gegner, durch zukünftige Technologien werde bald eine individuelle Einzelkontrolle für jeden Musiknutzer möglich, wies das Gericht zurück.
Gegen das Urteil legte die Firma HP Berufung ein – nichtsdestotrotz gibt es Hoffnung auf eine außergerichtliche Einigung zwischen den Parteien. In der Frage der Online-Linzenzierung kündigte GEMA-Chef Kreile einen Entwurf für einen „Verteilungsplan C“ an, der neben den Verteilungsplänen für das Aufführungs- und Senderecht und für das mechanische Vervielfältigungsrecht die Vergütungen für den Online-Bereich regeln wird. Damit sei die GEMA für den Zeitpunkt gerüstet, an dem die digitale Verbreitung von Musik nennenswerte Erträge einbringen werde. „Dann können wir den neuen Providern aus der Sicht der Verwertungsgesellschaften nur zurufen: Wir sind schon da!“ Lediglich für die Verteilung der Einnahmen durch Klingeltöne von Handys, die schon heute beachtlich sind, legte Kreile einen Vorschlag vor: immerhin gibt es für das Jahr 2000 bereits eine Summe von über einer Million Mark zu verteilen. Erneut ging es auf der Generalversammlung um das neue Hochrechnungsverfahren PRO, dass vor zwei Jahren eingeführt wurde, weil es eine gerechtere Abrechnung der gesamten zur Verfügung stehenden Verteilungssumme verspricht, gibt noch immer Anlass zur Diskussion – obwohl es inzwischen vom Landgericht Berlin bestätigt wurde: Solange keine noch präzisere und damit gerechtere Lösung gefunden wird, gilt PRO als das beste Abrechnungsverfahren. Eine Rückkehr zum alten Verfahren ist mit diesem Urteil nicht mehr möglich.
Die GEMA präsentierte sich in München als ein überaus erfolgreiches Unternehmen mit einer Kompetenz der Verantwortlichen, die manchem Musikverband zu wünschen wäre. So glaubt man gerne den Worten des Vorsitzenden: Der GEMA wird es auch weiterhin gut gehen!