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Es geht um die Zukunft unserer Kinder

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Anmerkungen zu Markus Hebsackers Buch „Musikschulen in der Sackgasse?“
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Markus Hebsacker schlägt in seinem Buch „Musikschulen in der Sackgasse?“ das Herauslösen des Einzelunterrichts aus dem Unterrichtsangebot der öffentlichen Musikschulen und die Beschränkung auf den Elementarbereich, zeitlich befristeten Gruppenunterricht und Ensemblespiel vor. Kinder, die vom Gruppenunterricht in den Einzelunterricht wechseln wollen, sollen die Musikschule verlassen und vom Privatmusiklehrer unterrichtet werden.

Als stellvertretender Leiter der Stuttgarter Musikschule, als Dozent in der Berufsausbildung von Musikstudenten an der Musikhochschule in Stuttgart und als Vater zweier Kinder möchte ich vor allem aus pädagogischer Sicht dazu Stellung beziehen.

Als Instrumentallehrer versuche ich, meine Schüler in der für sie passenden Unterrichtsform zu unterrichten. Hier sind es ausschließlich pädagogische Gründe, die mich in der Entscheidung leiten, ob etwa ein Kind aus dem Gruppen- in den Einzelunterricht wechseln soll oder umgekehrt oder ob vielleicht sogar eine Kombination von beidem für diesen Schüler die ideale Form ist. Es ist für mich und für den Schüler überhaupt nicht nachvollziehbar, diese pädagogische Entscheidung mit einem Lehrerwechsel zu quittieren.

Gute, methodisch präzise Aufbauarbeit verlangt einen Lehrer, der genau weiß, aus welchen Bausteinen sich eine fundierte Ausbildung zusammensetzt. Dieser Lehrer muss das Ziel kennen und in der Lage sein, Kinder von Beginn an systematisch bis zu ihren persönlichen Grenzen zu führen. Er achtet darauf, dass in seiner Klasse ein vernünftiges Verhältnis zwischen Nachwuchs und Spitze besteht. Eine Aufteilung dieser Klassen nach dem Motto „dieser Lehrer unterrichtet die Anfänger im Gruppenunterricht, der andere die Fortgeschrittenen im Einzelunterricht“ ist pädagogisch wenig sinnvoll. Jeder weiß, wie wertvoll und wichtig die enge Zusammenarbeit zwischen Instrumental- und Ensembleleiter ist und welche enormen Vorteile und welchen Synergieeffekt es mit sich bringt, wenn Kollegen in einem Gebäude zusammen arbeiten können und ihre pädagogische Arbeit zum Wohle des Kindes aufeinander abstimmen.

Ein paar Gedanken zum Thema Hochschulvorbereitung: wer erlebt, wie sich junge Musiker entfalten, wenn eine Musikschule die studienvorbereitende Ausbildung konsequent aufbaut und weiterentwickelt, wird nicht im entferntesten daran denken, diese Schüler zu vereinzeln. Das Umfeld einer wirklichen Leistungsspitze verbunden mit all den Möglichkeiten, die nur eine institutionelle Förderung gewährleisten kann (Vorspielmöglichkeiten, Kammermusik, Theorie, und so weiter) sind der ideale Nährboden für die individuelle Entwicklung. Für diese Jugendlichen geht es um die Machbarkeit der Verbindung von schulischer Bildung und Eliteförderung. Selbst die Fußball-Bundesliga hat diese Entwicklung verstanden und plant für den sportlichen Nachwuchs eine Kombination aus Sportschule und Gymnasium. Es ist nicht sinnvoll, diese Kinder und Jugendlichen zwanghaft auf Privatlehrer zu verteilen, da diese Schüler sich sowieso die geeigneten Lehrer suchen, unabhängig, welchem Verband oder welcher Institution diese angehören.

Im Gegenteil, alle Beteiligten, die Musikschulen, die Vorklassen der Hochschulen und die Privatlehrer sollten sich gemeinsam überlegen, wie sie unseren künftigen Musikstudenten die bestmögliche Ausbildung zukommen lassen können und ihre Kompetenz mit einbringen.

In einer Zeit, in der es knallhart um die Verteilung von Steuermitteln geht, muss auch eine öffentlich geförderte Musikschule selbstverständlich beweisen, dass sie die ihr zur Verfügung gestellten Mittel optimal einsetzt. Hier sind die Schulen gefragt, die Kriterien für den hoch subventionierten Einzelunterricht zu definieren, offen zu legen und zu überwachen.
Wir alle, die für die musikalische Bildung unserer Kinder Verantwortung tragen, stehen im Augenblick großen gesellschaftlichen Veränderungen gegenüber. Wir müssen uns in die Diskussion einbringen, wie die musische Bildung und guter Instrumentalunterricht im Zeitalter der verlässlichen Grundschule, der Ganztagsschule und des G8 gewährleistet bleiben kann. Hier bedarf es eines breiten gesellschaftlichen Schulterschlusses aller am Prozess Beteiligten, um bei Politikern, Eltern und auch in den öffentlichen Schulen die notwendige Sensibilität zu fördern.

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