Apple hat mit dem Programm «GarageBand» einen echten Trend aufgegriffen: Musikfans greifen immer häufiger zu Software und anderen digitalen Hilfen, um ein Instrument zu erlernen. Auf Video-Portalen wie Youtube boomen Tutorials, die Schritt für Schritt demonstrieren, wie man ein bestimmtes Musikstück spielt. Und Hersteller digitaler Instrumente locken mit bunten Lämpchen auf der Tastatur und anderen Features, um den Lernprozess zu vereinfachen.
Doch kann die digitale Welt tatsächlich den Musiklehrer ersetzen - oder handelt es sich doch eher um Spielzeug? «Es gibt Autodidakten, die kaufen sich ein Buch und lernen damit das Klavierspielen – aber das ist dann doch die Ausnahme», sagt Nico Jurran von der Zeitschrift «c't». Ähnlich sehe es bei den Programmen aus; die meisten Anfänger holten sich mit einer Software keinen guten Lehrer ins Haus. Individuell auf den Schüler eingehen, das könne nun mal kein Programm.
Genau darauf kommt es jedoch an, wenn man ein Instrument erlernen will. Gerade Anfänger haben gleich mehrere hohe Hürden zu meistern. Die richtige Haltung der Hände und die Platzierung der Finger auf dem Instrument sind nicht gerade einfach zu lernen. Schwierig ist es auch, die Unabhängigkeit der Hände zu erreichen - und natürlich nicht zuletzt das Spiel ohne ständigen «Kontrollblick» auf die Tasten und die Finger.
Die Kombination von Digitalpiano oder Keyboard und Computer erscheint zunächst optimal: Dank MIDI-Schnittstelle an Instrument und Soundkarte des Rechners lassen sich Eingaben am Monitor einfach visualisieren. In der Praxis haben viele Anfänger jedoch große Schwierigkeiten, die Vorgaben auf dem Bildschirm am Instrument umzusetzen. Manche Hersteller digitaler Keyboards bieten daher Instrumente an, deren Tasten aufleuchten, wenn sie angeschlagen werden sollen - was zunächst sinnvoll erscheint, da der Anfänger ja sowieso auf seine Hände schaut. Allerdings sollte es beim Klavierunterricht eben eigentlich auch darum gehen, dass der Schüler möglich früh seinen Blick von der Tastatur löst. Zudem sind Anfänger auch hier schnell überfordert, denn die Koordination von rechter und linker Hand muss erst erlernt werden, und dafür reicht ein optisches Signal allein nicht aus.
Egal mit welcher Software oder welchem Instrument: Echte Anfänger stoßen sehr schnell an ihre Grenzen, denn die Programme sind oft ziemlich ambitioniert, warnt Jurran. Manche Software überfordert die Lernenden schon allein durch das vorgegebene Tempo. Selbst wenn man die Stücke auch mit langsameren Geschwindigkeit abspielen kann - pädagogisch vernünftig ist das noch lange nicht, wenn der Schwierigkeitsgrad des Stückes generell zu hoch ist. Denn das ist eine weitere Krux vieler Programme: Fehlen interessante Lektionen, dürfte manch einer versucht sein, an sich wichtige Lektionen zu Grundlagen wie Tonleitern und Läufen zu überspringen.
Das größte Problem ist jedoch, dass die Kontrolle fehlt und sich dadurch schnell Fehler einschleichen. «Jeder Anfänger neigt zum Schummeln, das ist ganz normal», sagt Jurran. Wer jedoch die Technik vernachlässigt, bekommt spätestens dann Schwierigkeiten, wenn anspruchsvollere Stücke auf dem Plan stehen. Das Ergebnis ist meist kläglich - und viele Schüler werfen spätestens an dieser Stelle entnervt hin. Eigentlich schade, denn prinzipiell sollen Lernprogramme ja die Lust am Musizieren wecken.
Derzeit könnten keine Software und kein Instrument einen echten Lehrer ersetzen, sagt Jurran. Als Ergänzung zum Unterricht sind sie dennoch eine Überlegung wert - wobei man am besten ihren Einsatz mit dem Lehrer abspricht. Durchaus sinnvoll sind laut Jurran auch Programme zur Musiktheorie, einschließlich Gehörbildung, Harmonielehre und Rhythmustraining. Für Leute mit entsprechenden Vorkenntnissen können wiederum Tutorials im Internet durchaus eine tolle Sache sein. Oft sind es Musiklehrer oder weit fortgeschrittene Spieler mit viel pädagogischem Geschick, die hier Schritt für Schritt zeigen, wie man ein bestimmtes Musikstück spielt. Aber für Anfänger sind auch diese Videos definitiv nicht geeignet, sagt der «c't»-Experte.
Musiktheorie im Internet
Wer ein Musikinstrument erlernen will, ist beim klassischen Lehrer immer noch am besten aufgehoben - doch das theoretische Wissen lässt sich durchaus auch im Internet aneignen. Ein musikpädagogisches Hörtraining vor allem für Kinder findet sich unter tatiti.de. Dort führt «Tatiti der Rhythmusindianer» mit verschiedenen Mini-Spielen zum Herunterladen in die Musiktheorie ein. Die Demo-Version ist kostenlos, allerdings ist die Bild- und Tonqualität eingeschränkt und die Spieldauer auf vier Minuten begrenzt. Die Vollversion gibt es im Handel und als Download im Internet.
Lernspiele rund um die Musiktheorie gibt es auch unter midimaster.de. Neben einem Musikquiz und einem Rhythmus-Trainer gibt es ein spezielles Programm zur Gehörbildung für Erwachsene. Von allen Programmen sind Demo-Versionen erhältlich, die sich allerdings nach 20 Minuten von selbst unterbrechen. Zudem lässt sich nichts speichern oder ausdrucken.
Eher sachlich geht es unter notenservice.com zu. Dort können Jugendliche und Erwachsene mit Hilfe von PDF-Dateien die Grundlagen des Notenlesens erlernen. Mehrere Übungen vertiefen das erworbene Wissen.