Hauptbild
Brachten im Bayer Kulturhaus Mysliveček zu Gehör: L'arte del mondo. Foto: peuserdesign.de, Wuppertal
Brachten im Bayer Kulturhaus Mysliveček zu Gehör: L'arte del mondo. Foto: peuserdesign.de, Wuppertal
Hauptrubrik
Banner Full-Size

Leverkusen hört Mysliveček! Warum Bayer jetzt alte Opern ausgraben lässt

Autor
Publikationsdatum
Body

Die Rezepturen des Konzerns sind bekannt. Besonders die Umstrittenen, von denen es nicht wenige gibt. Dass der Chemie- und Pharmariese außerdem auch eine Menge Kultur durch seine Pipelines leitet, wissen – außerhalb von Leverkusen – vielleicht die wenigsten. Das soll sich jetzt ändern – wenn es nach Volker Mattern geht.

Der Leiter von BayerKultur zielt auf die Felder jenseits der unterm Bayer-Kreuz angesiedelten Feierabend-Beschäftigtenkultur – auch wenn diese für sich genommen schon ziemlich weit reichen, vom Mandolinen-Ensemble bis zu den Bayer Philharmonikern. Seit einhundert Jahren schon. Doch, wer sagt, dass hier Schluss sein muss? Über den traditionellen Bayer-Kultur-Horizont jedenfalls blicken Mattern und sein Mitarbeiterteam entschieden hinaus. Ein ehrgeiziges Spielzeitprogramm mit 150 Veranstaltungen nimmt Maß am Erlesenen, am „Exquisiten“ in Musik, Tanz, Schauspiel und Kunst, offeriert eine „Kulturachse Berlin“, dazu Jazz, den Film, hat eine Kinder- und Jugendpädagogik im Boot, aber auch „Kulissen-Talk“. Alles eigentlich, was man heute so aufbieten muss, wenn man als Veranstalter unter die Menschheit tritt. Jetzt ist sogar eine Tiefbohrung dazugekommen.

„Opern aus den Archiven der Welt“

heißt das Fünfjahresprogramm, das man mit Werner Ehrhardt und dessen 2004 gegründetem „L’arte del mondo“, dem „permanenten“ Residenzensemble ausgearbeitet hat. Angekündigt sind für die kommenden fünf Jahren “Ausgrabungen“ aus dem Mozartumfeld. Musik-Archäologie, die mit potenten Kooperationspartnern aufgezogen wird. Zusammen mit dem WDR, mit Sony und mit der Kunststiftung NRW hatte man jetzt geladen zum Start der Reihe. So schöngeistig-nichtssagend die Verpackung – „Pasticcio“ –, so handfest der Inhalt. Neuere Handschriftenfunde haben sie möglich gemacht: eine, den Schlusschor ausgenommen, vollständige Aufführung von „Medonte“, der letzten Oper des Mozart-Freundes Joseph Mysliveček (1737-1781).

Großflächig hatte man in den Wochen zuvor die Litfassäulen mit einem pfiffigen Plakat beklebt. Zu sehen das Konterfei des jungen Wolfgang Amadé unter Kopfhörern, darunter die schnittige Behauptung: „Er hört Mysliveček!“ Womit die Texter Mattern/Ehrhardt sicherlich nicht daneben gegriffen haben. Bezeugt sind eine Reihe von anerkennenden Äußerungen des Genius seinen Kollegen betreffend, der in Italien immer nur nach seiner böhmischen Heimat „Il divino boemo“ genannt wurde.

Was schließlich die (konzertante) Ausführung anging, so muss diese als durchaus kraftvoll umschrieben werden. L’arte del mondo und eine sechsköpfige Sängerinnenriege (Thomas Michael Allen als Medonte der einzige Herr) musizierten mit Elan. Was angesichts eines zur guten Hälfte gefüllten Bayer Kulturhauses vielleicht nicht immer einfach war. Andererseits handelte es sich immerhin um die einzige Aufführung dieser schönen Ausgrabung, will sagen: ein Mitschnitt – respektive Einspieltermin mit Publikumsbeteiligung. Exquisit!

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!