„Schrumpft der Markt zur toten Hose, hilft die Quote aus der Soße“ – so tönt der jüngste Werbe-Clip unserer Phono-Industrie unablässig. Da springen marketingbewusste politische Kräfte gern mit auf’s Vehikel, allen voran die kulturpolitische Spreche-rin der „Grünen“, Antje Vollmer. Sie schärft, arm an solchen Ressourcen, gerade ihr kunst-fundamentalistisches Profil um jeden Preis. Zur Halbzeitbilanz der Bundesregierung trompetete sie ihre Sehnsucht nach gesetzlich zahlengesteuertem deutschen Musikprogramm bei den Rundfunkanstalten in die böse Welt.
Während die SPD, vertreten durch Eckhard Barthel fest zu einem klaren „Jein“ steht, gibt sich die Opposition diffus-kontrovers. Freie Demokraten checken eben mal ab, ob das Lippenbekenntnis zur Liberalitas populistischer, sprich stimmenträchtiger kommt als der zu erwartende Rückenwind von Pop-Stars und Major-Bossen im Falle der Quoten-Befürwortung. Diese Stars und Bosse wären vermutlich mit der NPD auf ganz sicherer Seite: Statt 87 Prozent ausländischer Produktion kämen künftig im Blitz-Siegesfall der Nationaldemokraten gut 98 Prozent deutscher Ware frisch auf den Tisch der Öffentlich-Rechtlichen. Allein CDU/CSU denken noch differenziert über mögliche Konsequenzen legislativer Programmanteilssteuerung nach. Und man muss nicht die ausgelutschte Nationalismus-Karte ziehen, um nachdenklich zu werden.
Was soll eigentlich quotiert werden: In Deutschland produzierte oder deutschsprachige Musik? Was heißt „in Deutschland produziert“? Komponiert, in deutschem Verlag beheimatet und in deutschen Studios (jeweils ohne ausländische Beteiligung) eingespielt oder vielleicht nur ganz allgemein eben mal irgendwo in Deutschland eingespielt? Was passiert mit deutschen Instrumentals, wenn deutsche Sprache zum Counter-Kriterium wird? Warum haben die jammernden Majors gerade ihre deutschen Künstler gefeuert? Und was sagt die europäische Rechtsprechung zu solchen regionalen Bevorzugungssehnsüchten. Seit Frankreich seine Quote konstruierte, gab es da einiges an Änderungen. Vielleicht hat ja die Kultur-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages bei ihrem Berliner Hearing schlüssige Antworten gefunden. Dass die Anhörung im zeitlichen Ambiente der – industriegesteuerten – Pop-Komm stattfand, lässt nicht unbedingt auf Qualitätsfragen hoffen.
Stoff zum Nachdenken sollte den – demnächst vielleicht gesetzlich reglementierten – Programmverantwortlichen die „heimliche“ Quote von 87 Prozent vorwiegend anglo-amerikanischer Musikproduktion in ihren Sendern allemal geben, schon weil sie einen qualligen Globalisten-Sound ausstrahlt, der mit dem Kulturauftrag von Anstalten öffentlichen Rechts kollidiert. Es ist seltsam konsequent: Die (Einschalt-)Quoten-Fetischisten unter den Hörfunk-Direktoren holen sich ihre Beschneidung durch die Musik-Quote selbst an den Hals. Eigentlich gut so, und sehr traurig. Möge Vernunft einkehren in Funkhäusern und Politikerzirkeln. Wir liefern gern weitere Argumente, in dieser Ausgabe auf den Seiten 12 bis 14.
Nachschlag: Radio-Quote & Kultur-Enquete
Prinzip Freiheit? Rundfunk im Wandel – Quoten und Inhalte
„Das GANZE Werk“: Das Wahre ist das Ganze, nur weiß das der NDR noch nicht