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Verheißungsvoller Start des neuen Leitungsteams der Göttinger Händel-Festspiele

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Nach 20 Jahren Leitung hat der britische Cembalist und Dirigent Nicholas McGegan die Leitung der Händel-Festspiele Göttingen an seinen jüngeren, 44-jährigen Kollegen Laurence Cummings, ebenfalls Cembalist und Dirigent, abgegeben. Mit Spannung wurden die ersten Festspiele unter neuer Leitung erwartet. Auch ein neuer geschäftsführender Intendant ist im Amt: Tobias Wolff. Das Motto lautete in diesem Jahr „Liebe und Eifersucht“, das sich in vielen Konzerten wiederfand, nicht nur in der wenig bekannten und selten gespielten Oper Amadigi di Gaula (siehe nmz Online vom 20.5.2012).

Laurence Cummings war seit vielen Jahren Gast als Cembalist in Göttingen. Mit dem Oratorium „Esther“, dem ersten, das Händel auf einen englischen Text komponierte, gab er zur Festival-Eröffnung seinen Einstand als neuer künstlerischer Leiter. Er habe es gewählt, so verriet Cummings im Interview, weil einerseits die Geschichte viele interessante Aspekte habe: Da ist die Liebe von Esther und dem persischen König Ahasverus, es gibt den eifersüchtigen persischen Beamte Haman, der alle Juden töten lassen will. Durch den Mut Esthers wird das Volk gerettet. Die Botschaft ist auch, dass man durch Eifersucht in ausweglose Abgründe geraten kann.

Andererseits enthält „Esther“ einige musikalische Perlen. Händel griff – neben einigen Neu-Kompositionen – sowohl in der Erstfassung von 1718 als auch in der ausgeweiteten Zweitfassung von 1732 auf bereits komponiertes Material zurück. Aber das mindert keinesfalls die Qualität. Er war ein Meister des „borrowing“. Die Liebesduette zwischen Esther und Ahasverus sind unvergleichlich einfühlsam, Wut und Hass der niederträchtigen Haman vermitteln sich eindrücklich in seinen Arien. Fulminant auch zum Beispiel der Krönungshymnus „Zadok the priest“, den Händel 1727 für die Krönung von George II komponiert hatte und in „Esther“ einfügte, auch um dem bürgerlichen Publikum die für den Monarchen geschriebene Musik zugänglich zu machen. Da gibt es Hörner und Trompeten. „Esther“ war ein ideales Stück zu Festival-Eröffnung in Göttingen und zum Start in eine neue künstlerische Arä.

Cummings präsentierte sich als ein ungeheuer sensibler, frischer, espritvoller, versierter und souveräner Händel-Dirigent. Auch zum Festival-Abschluss, als er eine halbszenische Aufführung einer Frühfassung der tragischen Liebes- und Eifersuchts-Geschichte von „Acis und Galatea“ leitete. Cummings ist ein fantastischer Musiker, empfindsam und leidenschaftlich. Dies konnte man auch bei seinem Cembalo-Recital in der Göttinger Aula hören. Die Werke von Louis Couperin und Frescobaldi konnte man leicht dem diesjährigen Festival-Motto „Liebe und Eifersucht“ zuordnen. Mit feiner Noblesse spielte Cummings das „non mésuré“ (ohne Taktstriche) notierte Prélude von Louis Couperin, mit „eifersüchtiger“ Attacke die theatralische Frescobaldi-Toccata. Als Zugabe hatte Cummings sich etwas Besonderes ausgedacht. Er sang mit wunderschönem Tenor eine Arie aus Händels „Semele“. Was ihm das Publikum herzlichst dankte.

Leidenschaft pur, „Liebe und Eifersucht“ gab es auch beim Gala-Konzert der wie eine Rockmusikerin agierenden Sopranistin Simone Kermes. Ihre Auftakt-Arie „Furie terribili“ aus Händels „Rinaldo“ ließ einen bei ihrer Stimmkraft wahrhaftig erzittern. Ihre Virtuosität und technische Perfektion sind eine Klasse für sich, aber noch mehr überzeugte Simone mit langsamen lyrischen Arien, wie etwa Nicola Porporas „Alto Giove“. Da entstanden die berührendsten Momente.

Furor, feine und allerfeinste Gefühlsschattierungen vermochte auch der schweizerische Blockflötenstar Maurice Steger aus seinem Instrument hervorzuzaubern: Sonaten von theatralischem Impetus, hochdramatisch, wie etwa von Johann Adolf Hasse. Schlicht sensationell, wie Steger sein Instrument beherrscht, wie er aber vor allem als großer Musiker hinter die Noten blickt und von den geheimen Wahrheiten des Lebens erzählt.

Händels Musik sei ideal um die Generationen miteinander zu verbinden, davon ist der neue Festival-Leiter Laurence Cummings überzeugt. Er dirigierte zum Beispiel ein „Sing Along“, wo sich Laienchöre und Laienmusiker aus Göttingen versammelten. Solche Aspekte sollen auch in den kommenden Festival-Jahren berücksichtigt werden. Am etablierten Konzept seines Vorgängers Nicholas McGegan will Cummings nicht viel ändern. Die Opernproduktion wird weiter das Festival-Juwel sein. Ein Oratorium ist Pflicht, Konzerte, wissenschaftliche Vorträge, Public Viewing sind weitere Bausteine. Erfolgreich war in diesem Jahr auch die Jugendtheater-Produktion „Young Amadigi“, auch dies soll fortgeführt werden.

Das neue Leitungsteam hat in Göttingen einen verheißungsvollen Start „hingelegt“. Der neue geschäftsführende Intendant Tobias Wolff – übrigens ein espritvoller und kenntnisreicher Moderator – sieht im Jahr 2020 am Horizont schon das 100-jährige Jubiläum der ältesten Händel-Festspiele weltweit: In den nächsten sieben Jahren sollen auf jeden Fall die in Göttingen noch nicht gespielten Händel-Opern aufgeführt werden: „Siroe“ oder „Faramondo“ zum Beispiel.
 

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