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Was unterhalb von Max Raabe gespielt wird

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Musikmesse Forum: eine Diskussionsrunde zum Thema deutscher Musikexport
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Über das Thema „Musikexport“ sprach Gregor Willmes, Chefredakteur des Fono Forums mit Steffen Kampeter, Bundestags- und Haushaltsausschuss-Mitglied, Hans-Herwig Geyer, Pressesprecher der GEMA, und Peter James, Vorsitzender des Verbandes unabhängiger Tonträgerunternehmen und frisch gekürter Geschäftsführender Vorstand von „German Sounds“. Hinter diesem Titel verbirgt sich das Musikexport-Büro Deutschlands, das es sich zum Ziel macht, die Verbreitung von Musik, die in Deutschland produziert und aufgeführt wird, im Ausland aktiv zu unterstützen.

Es geht darum, so Peter James, die Expertise über das gesamte musikalische Spektrum im Land zu bündeln, die Informationen weiterzugeben und eine Infrastruktur im Ausland aufzubauen, die die Verbreitung deutscher Musik erleichtert.

Auf gute Vorbilder kann man in Nachbarländern wie Frankreich oder Skandinavien zurückgreifen, die seit mehreren Jahren erfolgreiche Modelle entwickelt haben. Finanziert wird das Büro in der Anfangsphase durch eine klassische „Private-Public Partnership“. Zur Hälfte trägt die Musikwirtschaft – im ureigenen Interesse – die Kosten, die andere Hälfte schießt die Bundesregierung dazu. Aber, darauf legt Steffen Kampeter Wert, es handelt sich dabei um die Anschubfinanzierung einer neuen Idee, vergleichbar mit der Unterstützung von Export-Beratung in anderen Branchen. Auf Dauer müssten diejenigen, die die Dienstleistung in Anspruch nehmen, auch die Kosten tragen. Das Musikexportbüro richte sich im Übrigen vorwiegend an kleine und mittlere Unternehmen.

Den Kommentar „Man weiß ja auch nicht, wie lange sich die Majors noch halten“, ließ sich der Bundestagsabgeordnete dabei nicht nehmen. Hans-Herwig Geyer unterstrich die in Deutschland herrschenden Defizite, die die Intensivierung des Musikexports unbedingt erforderlich machten: Die GEMA hat im Jahr 2003 Ausschüttungen ins Ausland in Höhe von 220 Millionen Euro für Musik-Autoren aus dem Ausland, die in Deutschland auftreten oder gesendet werden, vorgenommen. Das entsprechende Income aus dem Ausland beträgt dagegen nur 50 Millionen Euro. Dies sei eine „Diskrepanz, die wir nicht verstehen. In anderen Bereichen ist Deutschland Export-Land. Im Musikbereich stoßen wir auf das gegenteilige Extrem.“ Es gehe dabei um eine gegenseitige intensivere Bekanntmachung regionaler Kultur in anderen Ländern. „Kultur in Europa entsteht in den Regionen. Wir müssen wissen, was in Italien unterhalb von Eros Ramazotti gespielt wird. Ebenso müssen die Menschen in Frankreich wissen, was zum Beispiel unterhalb von Max Raabe gespielt wird,“ so Geyer.

Eng verbunden mit der Frage des Musik-Exports ist die Frage der Radio-Quote: In Frankreich seit einiger Zeit mit gutem Erfolg eingeführt wird sie in Deutschland nach wie vor kontrovers diskutiert. Ob die Auflage an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, einen bestimmten Prozentsatz deutscher Musik obligat zu senden, tatsächlich die Verbreitung und Vielfalt intensiviert, bezweifelt Steffen Kampeter, der sich als „prominentester Quoten-Gegner“ präsentierte.

Die Erfahrung mit der Quote in der DDR beispielsweise sei nicht förderlich für die musikalische Vielfalt gewesen und habe eher die Richtung einer „sozialistischen Geschmackskultur“ genommen. Es dauerte nicht lange, da waren die Gesprächspartner bei dem Thema angekommen, das auch andere Podien engagiert diskutierten oder zumindest streiften: die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die mangelnde Wahrnehmung dieser Aufgabe in heutiger Zeit. „Die Leute beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten ohne eigenes Risiko, sie spielen Markt, obwohl sie es gar nicht müssen“, so Peter James. Heute verbreite jeder Sender nur noch die Musik von der er hoffe, dass die Leute nicht abschalten, mit der Folge, dass nur noch 200 bis 300 Titel und wenige neue unbekannte Musik gespielt werde. Dies sei nicht Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der sich immerhin zu großen Teilen aus Gebühren finanziert. Ein Einwand am Rande von Steffen Kampeter: „Manchmal entsteht der Eindruck, Kommerzialität und Qualität werden automatisch in einen Widerspruch gestellt. Was viel gehört wird, kann nicht gut sein. Da müssen wir vielleicht auch einen Dünkel abstellen.“

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