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Freier Umgang mit der Form: Dave Douglas und Joe Lovano, im Hintergrund Drummer Joey Baron. Foto: Ssirus W. Pakzad
Freier Umgang mit der Form: Dave Douglas und Joe Lovano, im Hintergrund Drummer Joey Baron. Foto: Ssirus W. Pakzad
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Wayne's World: Die Band „Sound Prints“ mit Dave Douglas und Joe Lovano gastierte im „Porgy & Bess“, Wien

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Im vergangenen August wurde Wayne Shorter stolze 79 Jahre alt. Und immer noch befindet er sich auf einer musikalischen Entdeckungsreise, sucht nach Unerhörtem, nach neuen Wegen der Klanggestaltung (gerade unterschrieb er nach 43-jähriger Zäsur wieder bei Blue Note). Trompeter Dave Douglas und Saxofonist Joe Lovano haben ihrem Vorbild ein Projekt namens „Sound Prints“ gewidmet, das sie jetzt im Wiener „Porgy & Bess“, einem der schönsten Jazz-Clubs Europas, vorstellten.

Manchmal sind es die Musiker selbst. Oft aber steckt ein verkaufsstrategisch denkender Produzent hinter Alben oder Projekten, die einer bestimmten Persönlichkeit huldigen und dabei bekanntes Material verwursteln – was dann künstlerisch meist von fraglichem Wert ist. Zwei „unverdächtige“ Stars des Jazz, der Trompeter Dave Douglas und der Saxofonist Joe Lovano, haben sich einem ihrer Helden auf etwas andere Art genähert und machten es sich alles andere als bequem. In ihrem bislang noch nicht auf Tonträger dokumentierten Projekt „Sound Prints“ interpretieren sie keine Originale von Wayne Shorter, sondern schrieben, in ständiger Korrespondenz mit dem Idol, eigene Stücke, die von dem so geheimnisvollen Charismatiker inspiriert wurden. „Wayne Shorter hat für die Musiker meiner Generation unglaublich viele Türen aufgestoßen“, sagt Joe Lovano mit leuchtenden Augen und betont, dass im Projekt „Sound Prints“ sowohl der Saxofonist, als auch der Komponist und Konzeptkünstler Wayne Shorter gewürdigt werden soll.

Ausreserviert war das Porgy & Bess, als Douglas und Lovano auf originelle Art an den frühen Wayne Shorter erinnerten, an die Architektur seiner Stücke, die melodische und harmonische Struktur seiner bekannten Werke. Die Jetztzeit sparten sie allerdings kaum aus. In seinem aktuellen Quartett geht Wayne Shorter seit Jahren volles Risiko, erzwingt Spontaneität, in dem er auf Proben verzichtet und seine Mitspieler oft erst unmittelbar vor dem Konzert mit neuen Stücken konfrontiert (Wayne Shorter: „Das Unerwartete lässt sich nicht proben“).

Ganz so ad hoc läuft es bei Dave Douglas und Joe Lovano nicht – und doch bleibt genug Raum, um dem Instinkt freien Lauf zu lassen, um aus dem Stehgreif etwas zu kreieren. Sie hatten auch die richtigen Musiker für den freien Umgang mit der Form dabei: die in Malyasia geborene, in Australien aufgewachsene und nun in New York weilende Chinesin Linda Oh setzte mit zupackendem, treibenden, wendigen und sehr intonationssicheren Bass-Spiel markante Akzente und der herrlich unberechenbare Schlagzeuger Joey Baron erwies sich als eine Art Orchestrator aus dem Hintergrund.

Sehr geschmackvoll und ganz unaufgeregt färbte der junge Pianist Lawrence Fields das Geschehen ein und wirkte wie der Fels in der Brandung der tobenden See. Die atemlosen Bläser und die so bewegliche Rhythmusfraktion drehten um ihn herum mächtig auf und rissen das Publikum im Porgy & Bess mit. Wayne Shorter wäre bestimmt stolz auf alle Beteiligten gewesen, die an diesem Abend ihre Sound Prints hinterlassen haben.   

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