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03.10.: oper und konzert aktuell +++ oper und konzert...

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+++ Zimmermann wirft Senat Mangel an Kulturkompetenz vor +++ Bundesweit populär - Neuköllner Oper in Berlin wird 25 +++ Musikwettbewerb «Verfemte Musik» in Schwerin +++ Filmregisseur Percy Adlon inszeniert erstmals Oper: «Hoffentlich habe ich nicht alles zersägt» +++

Zimmermann wirft Senat Mangel an Kulturkompetenz vor
Berlin (ddp-bln). Der scheidende Intendant der Deutschen Oper Berlin, Udo Zimmermann, hat den Senat für seine vorzeitige Vertragsauflösung verantwortlich gemacht. «Berlin mangelt es in besonderem Maße an kulturstaatlicher Kompetenz im Bewusstsein von Politik und öffentlicher Meinung», sagte Zimmermann am Mittwoch in Berlin. Er gebe seine Position zum Ende der Spielzeit 2002/2003 auf, «weil die Verhältnisse, die sich um die Deutsche Oper entwickelt haben, keine andere Wahl mehr geben. Zimmermann betonte, »Verhältnisse, die eine künstlerische Lebensaufgabe zu vernichten drohen, müssen aufgelöst werden«. Er verwies auf »ausschließlich außerkünstlerische Fragen« und nannte wirtschaftliche Zwänge, persönliche Verweigerung sowie Antistimmung inner- und außerhalb der Oper. Als ein Beispiel für die Verweigerung nannte Zimmermann das Verhältnis zu Generalmusikdirektor Christian Thielemann, mit dem er »nicht vertrauensvoll« zusammengearbeitet habe. Dennoch suche er mit ihm das Gespräch, um mögliche Divergenzen noch auszuräumen. Es gehe bei allem nicht um die beiden Personen, sondern um die Deutsche Oper, sagte Zimmermann. Antistimmung gebe es auch beim Orchester, dass ihm noch immer nachtrage, versprochene Gehaltserhöhungen nicht eingehalten zu haben. Der Intendant sprach ferner die Querelen um den ursprünglich designierten Musikchef Fabio Luisi an, den Thielemann und das Orchester favorisiert hatten. Es sei ein Fehler gewesen, dass er Kompromisse gemacht habe. Zimmermann nannte seine vorzeitige Vertragsauflösung durch den Berliner Senat einen »Fall von Nötigung«. Sein Vertrag sehe zwar das Recht auf Kündigung vor, doch das sei eine »Ermessensfrage«. Kultursenator Thomas Flierl (PDS) werfe ihm vor, den Etat der Oper überzogen zu haben, er schließe jedoch nicht aus, bis zum Ende dieses Jahres einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen zu können. Zimmermann betonte auch, die Oper habe von September bis Dezember 2001 einen Überschuss von mehr als 500 000 Euro erwirtschaftet, die jedoch ihm nicht angerechnet worden seien. Der scheidende Intendant forderte den Senat auf, sehr schnell eine neue Leitung zu benennen. Ansonsten sei »die Kontinuität des Hauses in Gefahr«. Es gebe in der Berliner Kulturpolitik derzeit eine »komplette Irritation", sagte Zimmermann. So sei ein Konzept zur Reform der drei Opernhäuser in Arbeit, ohne dass bisher mit den Betroffenen gesprochen worden sei. Auch auf seine Forderung, die Ballettensembles der Deutschen und der Komischen Oper zusammenzulegen, habe er bis heute keine Antwort erhalten.

Bundesweit populär - Neuköllner Oper in Berlin wird 25
Berlin (ddp-bln). Der Opernball am Samstag gibt den Auftakt: Mit einer Festwoche feiert die Neuköllner Oper in Berlin ihr 25-jähriges Jubiläum. Längst ist das Off-Theater durch seine ungewöhnlichen Aufführungen deutschlandweit bekannt. Unter den 91 Inszenierungen des Hauses waren 40 Uraufführungen. Einer der Titel, der nun auch Motto der Jubiläumsausstellung (10. Oktober bis 17. November) ist, lautete «Das Wunder von Neukölln». Diese «Sozialkomödie» von Wolfgang Böhmer (Musik) und Peter Lund (Text) wurde ein wahrer Publikumsrenner. Das Musical thematisiert Sorgen und Probleme einer Supermarktkassiererin und die gnadenlose Vermarktung menschlichen Leids. Die Inszenierung ist typisch für die Neuköllner Oper: eine Stil-Gratwanderung, ebenso nachdenkliches wie reizvoll überdrehtes Musiktheater. Zuletzt hatte, mitten im Wahlkampf, eine Uraufführung in der provisorischen U-Bahnstation Reichstag viel Beachtung gefunden. Allerdings gelang mit «Angela. Eine Nationaloper» (Frank Schwemmer/Michael Frowin) über die Karriere Angela Merkels nicht der große künstlerische Wurf. Auch zum Jubiläum gibt es wieder eine Uraufführung. Am Sonntag kommt das musikalische Märchen «Kaisers Nachtigall» auf die Bühne. Die Musik hat Andrew Hannan geschrieben, den Text Peter Lund. Der Librettist und Regisseur Lund ist auch Chef des Hauses - an der Seite von Gründer Winfried Radeke, der komponiert. Die Neuköllner Bühne ist nicht nur Oper. Neben Wiederentdeckungen von Mozart, Schubert, E. T. A. Hoffmann und Reichardt brachte die rege Truppe Neues nach Vorlagen von Kleist und nach dem sorbischen Krabat-Stoff heraus. Musicalausgrabungen von George Gershwin, Cole Porter und Stephen Sondheim wurden inszeniert. Auch Operette war zu sehen: Bearbeitungen von Paul Lincke über Paul Abraham bis Gerd Natschinski («Messeschlager Gisela»). Es gab ferner Villon-Vertonungen, Mittelalter-Musikspektakel, Aufführungen von Strawinskys «Geschichte vom Soldaten» und von Weill/Brechts «Der Jasager/»Der Neinsager". Mit Wettbewerben wurden junge Komponisten gefördert. Obwohl der Saal der Neuköllner Oper klein ist und das Studio, ein früherer Garderobenraum, noch kleiner, kamen in diesem Jahr schon über 20 000 Besucher. Das sind 85 Prozent Auslastung - mehr als in den großen Opernhäusern der Stadt.

Musikwettbewerb «Verfemte Musik» in Schwerin
Schwerin (jm-mv) Mit einem Instrumental- und Gesangswettbewerb und einem internationalen Meisterkurs wird seit Mittwoch in Schwerin an die Musik unter den Nazis verfolgter Komponisten erinnert. Zum Auftakt des Projekts «Verfemte Musik 2002» wurde im Stadtgeschichtsmuseum die Ausstellung «Theresienstadt-Konvolut» mit 54 Zeichnungen jüdischer Künstler aus dem KZ Theresienstadt eröffnet. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse.
Im Wettbewerb treten bis Sonntag 24 junge Musiker und Musikstudenten aus dem ganzen Bundesgebiet vor die Jury, in der auch Wagner-Urenkel Gottfried H. Wagner sitzt. Am Meisterkurs nehmen den Angaben des Veranstalters - des Landesverbands Jeunesses Musicales Mecklenburg-Vorpommern - 25 Nachwuchskünstler aus Tschechien, Polen, Dänemark, Israel, den USA und Deutschland teil. Zu den Dozenten des Meisterkurses «History, Music & Remembrance» gehört die Pianistin Edith Kraus, die in Theresienstadt inhaftiert war und dort unter anderem mit dem Komponisten Viktor Ullmann (1898-1944) zusammenarbeitete. Ullmann wurde im KZ Auschwitz vergast.
Im Rahmenprogramm geht es um Komponisten, die vor den Nazis in die USA flohen, wie der aus Wien stammende Jude Erich Zeisl (1905-1959). Er galt Anfang der 30er Jahre als einer der wichtigsten Wiener Nachwuchskomponisten und war vor allem mit seinen Liedern erfolgreich. Die Uraufführung seiner Oper «Leonce und Lena» im Schönbrunner Schlosstheater wurde nach dem Anschluss Österreichs an Nazideutschland vom Spielplan gestrichen. 1939 emigrierte Zeisl in die USA, konnte dort aber nicht an seine Wiener Karriere anknüpfen. Zeisls Tochter Barbara Zeisl-Schoenberg, Schwiegertochter von Arnold Schönberg, will in Schwerin über ihre Familie berichten. In einem Vortrag Gottfried H. Wagners wird es um Kurt Weill gehen.

Filmregisseur Percy Adlon inszeniert erstmals Oper: «Hoffentlich habe ich nicht alles zersägt»
München (ddp). Filmregisseur Percy Adlon («Out of Rosenheim», «Zuckerbaby») wechselt das Metier: Erstmals inszeniert der 67-jährige Münchner und Wahl-Amerikaner eine Oper. «Der Liebestrank» von Gaetano Donizetti hat am 12. Oktober an der Staatsoper in Berlin in italienischer Sprache Premiere. Mit Percy Adlon sprach ddp-Korrespondentin Cornelia Krüger. ddp: Was hat Sie denn zu dem Wechsel vom Film zur Opernbühne bewogen? Adlon: Ich habe immer behauptet, wenn ich Mitte 60 bin, werde ich eine Oper inszenieren. Nun ist es passiert. Peter Mussbach, der Chef der Berliner Staatsoper, hat mich vor zehn Monaten angerufen und mir die Donizetti-Oper angeboten. Sozusagen aus dem Opernhimmel ist das zu mir geflogen. Mein Vater, der Wagner-Tenor Rudolf Lambenthal, war ja einer der Hauptmitwirkenden im Opernhimmel. Und so waren da meine Gene stark angesprochen. ddp: Wie empfinden sie Donizettis musikalische Komödie? Adlon: «Der Liebestrank» ist eine ganz köstliche Sache, ein Riesenunfug. Und im Zentrum steht eine schöne Liebesgeschichte. So was kann man eben auch in meinen Filmen sehen. Wir proben seit September, und ich habe fabelhafte Mitstreiter: junge, schlanke Sängerdarsteller, die sogar so aussehen, wie es die Rollen erfordern. Vor allem der junge Mexikaner Rolando Villazon, der den armen, unglücklich verliebten Bauernburschen Nemorino singt, und seine kapriziöse Frau Adina (Dina Kuznetsova) sind zum Niederknien. ddp: Wie sieht die Inszenierung aus? Adlon: Sie basiert auf der Idee des Wirtshaustheaters, mit derben Masken, wie sie in einem Juxladen zu haben sind. Das Ganze wird wie Straßentheater sein. ddp: Worin sehen Sie den wichtigsten Unterschied zum Film? Adlon: Es ist alles anders - außer, dass man als Regisseur die Figuren zu führen versucht. Der wichtigste Unterschied ist: Nach einem Drehtag ist die Szene für den Film im Kasten, man kann sie vergessen. Bei der Oper inszeniert man einen Teil nach dem anderen - und muss lange auf das Gesamtergebnis warten. Ich fürchte, dass die Kollegen recht haben, die mir gesagt haben: Am Ende ist alles Chaos, aber geh\' nicht ins Hotel und bring\' Dich deshalb um. Genau das denke ich, bestimmt habe ich alles zersägt. ddp: Wird man den Namen Percy Adlon jetzt öfter in einem Bühnenspielplan lesen? Adlon: Das nächste Projekt steht schon fest. Es wird 2004 die Uraufführung der Oper «Wolkenstein» in Nürnberg geben. Das Buch schreibt Felix Mitterer, die Musik kommt von Wilfried Hiller. Das Werk ist gerade fertig geworden. Es geht um den Raubritter, Dichter und Liedersänger Oswald von Wolkenstein, eine Walther von der Vogelweide vergleichbare Figur. Das war ein ganz wilder Bursche. Und so ist der Stoff wunderbar spannend. ddp: Sie machen aber auch künftig Filme? Adlon: Ja, klar. Ich könnte nicht plötzlich ausschließlich Bühnenregisseur sein. Zuletzt habe ich ja meine Dokumentation «Der Bildhauer und der 11. September» über die große Kugel des bayerischen Bildhauers Fritz Koenig vor dem World Trade Center gezeigt. Das war das einzige Kunstwerk, das den Terroranschlag - deformiert und beschädigt - überstanden hat. Ich werde mit Dokumentarspielen und Filmen natürlich weiter machen.
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