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10.7.: theater und literatur aktuell +++ theater und literatur

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Deutsche Buchbranche stagniert +++ «Süddeutsche Zeitung» schreibt rote Zahlen und muss Kündigungen aussprechen +++ Jürgen Kuczynskis Privatbibliothek verkauft +++ Deutschland ältestes Wasserschloss wird Theaterbühne +++ Stuttgarter Ibsen-Inszenierung bekommt Bayerischen Theaterpreis

Deutsche Buchbranche stagniert
orf - Erstmals seit 25 Jahren haben Buchhändler und Verlage in Deutschland 2001 einen leichten Umsatzrückgang verzeichnet. Wegen der zurzeit sparsamen Verbraucher verbuchte die Branche im vorigen Jahr 0,1 Prozent weniger Umsatz als im Jahr 2000. De facto stagniert der Buchmarkt. Auch die Zahlen für die ersten fünf Monate dieses Jahres zeigen nach unten: Rund 2,1 Prozent weniger Umsatz machten die Buchhändler bis Mai. Von einer schweren Krise, wie sie derzeit in den Feuilletons beschrieben wird, könne aber keine Rede sein, hieß es am Dienstag in Frankfurt bei der Vorlage der Branchenzahlen für 2001.
"Wir sind zweifelsohne in einer schwierigen Situation", sagte der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Dieter Schormann, "aber sie ist lösbar". Die deutschen Verlage und Buchhändler haben im vergangenen Jahr Bücher, Zeitschriften, Hörbücher und CD-ROMs im Wert von 9,4 Milliarden Euro umgesetzt - etwa so viel wie 2000. Damals hatte die Branche noch ein knappes Plus von 2,1 Prozent erwirtschaftet. Fette Jahre waren auch die drei vorherigen nicht: Bei Wachstumsraten von je rund 1,5 Prozent konnten Verlage und Buchläden nicht viel Speck ansetzen.
Die gedrückte Stimmung in der Wirtschaft, Nachrichten von Firmenschließungen, Arbeitsplatzabbau und Kurzarbeit, dazu das Gefühl der "Teuro"-Preissteigerung haben die Konsumenten sparsam werden lassen. Dabei ist die Buchbranche im Vergleich zu anderen Sparten des Einzelhandels, die zum Teil über zweistellige Umsatzeinbrüche klagen, noch gut dran. Vor diesem Hintergrund behaupte sich das Buch "relativ stabil", meinte Schormann.
Das leichte Minus ging auch weniger zu Lasten der Bücher, deren Umsatz sogar minimal stieg (um 0,9 Prozent). Dabei boomen vor allem Taschenbücher: Ihr Umsatzanteil stieg 2001 um fast 20 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro. Immer mehr Titel, vor allem Romane, kommen nicht erst als gebundene Ausgabe, sondern gleich als Taschenbuch in den Handel. Damit einher geht ein leicht - von 12 auf gut 14 Prozent - gestiegener Anteil von Belletristik-Titeln an der Buchproduktion.
Verantwortlich für das Branchenminus waren nach Darstellung des Börsenvereins die Fachzeitschriften, die unter der Krise auf dem Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt leiden. Weniger Anzeigen, Abo- Kündigungen und geringere Verkäufe bescherten den Fachzeitschriften- Verlagen laut Börsenverein 13,2 Prozent Umsatzrückgang. Die Vertriebserlöse - darunter im Buchhandel - gingen um 8,8 Prozent zurück. Die Fachzeitschriften trugen 2001 zwei Milliarden Euro zum Branchenumsatz bei, also noch mehr als die Taschenbücher.
Sorgen macht der Branche die Titel-Explosion: 2001 schwappte eine Flut von fast 90.000 Neuerscheinungen auf den Markt, 8,5 Prozent mehr als im Vorjahr. "Wir überfordern damit den Buchhandel und das Publikum", sagte der Sprecher der Verleger im Börsenverein, Jürgen Bach. Mehr Bücher zu produzieren, sei nicht die Antwort, um neue Umsätze zu generieren, meint auch Schormann. Er geht davon aus, dass die Verlage ihre Herbstprogramme verschlanken. Zum Jahresende rechnet Schormann mit insgesamt zwei Prozent Minus.


«Süddeutsche Zeitung» schreibt rote Zahlen und muss Kündigungen aussprechen
München (ddp-nrw). Der Süddeutsche Verlag greift zu empfindlichen Sparmaßnahmen. Das als Montagssupplement der «Süddeutschen Zeitung» erscheinende Jugendmagazin «jetzt» wird zum 22. Juli eingestellt, wie der Verlag am Dienstag nach einer Gesellschafterversammlung mitteilte. Außerdem wird der unternehmensweite Stellenabbau fortgesetzt. Mehr als zehn Prozent der insgesamt rund 5000 Mitarbeiter des Süddeutschen Verlages müssen das Unternehmen den Angaben zufolge verlassen. Ab sofort werde es auch betriebsbedingte Kündigungen geben, sagte Dirk Refäuter, Sprecher der Geschäftsführung des Süddeutschen Verlages.
Refäuter rechtfertigte den Stellenabbau mit der derzeitigen Lage und den mittelfristigen Perspektiven im Anzeigengeschäft, die die Umsetzung weiterer kostensenkender Maßnahmen in allen Teilen des Unternehmens erforderlich machten. Mit etwa der Hälfte der vom Stellenabbau betroffenen Mitarbeiter seien bereits entsprechende Vereinbarungen getroffen. Mit allen anderen werde in den kommenden Wochen Gespräche geführt.
Die Marke «jetzt» soll zumindest im Internet erhalten bleiben. Die Einstellung des Jugendmagazin sei eine sehr schwere Entscheidung gewesen, sagte Hanns-Jörg Dürrmeier, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung des Süddeutschen Verlags. Im Unternehmensbereich «Süddeutsche Zeitung» (SZ) sollen neben dem Personalabbau weitere Einsparungen dazu beitragen, dass die Zeitung trotz der weiterhin sehr verhaltenen Prognosen für das Anzeigengeschäft wieder stabile Ergebnisse erwirtschaftet.
Der seit Mitte Januar in Nordrhein-Westfalen erscheinende Regionalteil der SZ ist offenbar nicht von dem Stellenabbau betroffen. In NRW sei die Auflage inzwischen erheblich gestiegen. Inzwischen verkaufe die SZ in NRW täglich etwa 40.000 Exemplare, vor dem Start des Regionalteils seien es rund 32.000 gewesen.
Erstmals in ihrer Geschichte wird die «Süddeutsche Zeitung» nach eigenen Angaben in diesem Jahr rote Zahlen schreiben. Ende Juni hatte sie bereits ihre Verkaufspreise erhöht.
Robert Zsolnay

Jürgen Kuczynskis Privatbibliothek verkauft
mdr - Die 70.000 Bücher umfassende Bibliothek von Jürgen Kuczynski (1904?1997) wird der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin teilte mit, sie habe die Sammlung des marxistischen Wirtschaftshistorikers gekauft und werde sie in ihrem Domizil in Berlin Mitte für Forschung und Öffentlichkeit zur Verfügung stellen. Der Kaufvertrag sei von Erbenvertreter Thomas Kuczynski und Bibliotheks-Genraldirektorin Claudia Lux unterschrieben worden. Über den Preis wurde nichts bekannt, die Erben hatten zuvor immer von einer Verhandlungsbasis von einer Million Euro gesprochen.
Mit dem Kauf geht eine jahrelange Suche nach einem geeigneten Platz für die wertvolle Büchersammlung zu Ende. Die Erben hatten stets nach einem Käufer gesucht, der die Bücher als geschlossene kulturhistorische Sammlung übernimmt. Sie selbst konnten das Wohnhaus Kuczynskis in Berlin-Weißensee nicht länger halten. Auch die von ihnen favorisierte PDS-nahe "Rosa-Luxemburg-Stiftung" musste aus finanziellen Gründen passen. An dem Aufbau der Bibliothek waren sechs Generationen der Familie Kuczynski beteiligt. Den Grundstock legte Jürgen Kuczynskis Ururgroßvater mit einigen Erstausgaben von Immanuel Kant. Ein Urgroßvater steuerte den Heine bei. Er war es auch, der der Bibliothek zu ihrer ersten Emigration verhalf. 1848 floh er vor einem deutschen Haftbefehl nach Paris. Ein zweites Mal musste die Bibliothek umziehen, als die jüdische Familie in den 30er Jahren nach London emigrierte.
Zu den Schätzen der Bibliothek gehören außerdem eine Goethesche Bergwerksaktie und eine sehr frühe Ausgabe des Kommunistischen Manifestes. Zwar handelt es sich dabei nicht, wie Jürgen Kuczynski zu Lebzeiten behauptete, um die Originalausgabe von 1847, aber die wenige Jahre später entstandene Raubkopie ist eine ebenso große Rarität. Außerdem gehört zu der Sammlung auch der eigene Nachlass des Universalgelehrten Jürgen Kuczynski.
Jürgen Kuczynski war seit frühester Jugend mit Intellektuellen und Künstlern von Weltrang bekannt und befreundet. In seinem Elternhaus verkehrten Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Später soll Bertolt Brecht bei Jürgen Kuczynski Zigarren gegen Krimis eingetauscht haben. Von seinem Freund Egon Erwin Kisch erhielt Kuczynski alles mit Widmung. Jürgen Kuczynski studierte in den 20er Jahren in den USA, gehörte der US-Army als Oberst an, und hatte Kontakt zum russischen Geheimdienst. Seine Schwester Ruth Werner war im 2. Weltkrieg und bis in die 50er Jahre eine Top-Agentin der Sowjetunion.
1945 aus der Londoner Emigration zurückgekehrt, arbeitete Kuczynski als Wirtschaftshistoriker. Sein umfangreichstes Werk galt der Sozialgeschichte der Arbeiter, sein bekanntestes wurde sein "Dialog mit meinem Urenkel". Kuczynski war nach eigener Aussage auch mit Erich Honnecker befreundet. Nach der Wende blieb der linientreue Dissident seinen Idealen treu und bekannte stets, er werde zwar keinen neuen Sozialismus mehr erleben, die Vorfreude darauf, dass es einen solchen geben wird, könne ihm aber keiner nehmen.

Deutschland ältestes Wasserschloss wird Theaterbühne
Dedeleben (ddp-lsa). Deutschlands ältestes Wasserschloss, die Westerburg im Landkreis Halberstadt, wird ab heute zur Freilichtbühne. Das Nordharzer Städtebundtheater spielt dort erstmals William Shakespeares Komödie «Ein Sommernachtstraum. Die Rahmenhandlung der Komödie spielt im imposanten Burghof mit dem großen Taubenturm und dem hoch aufragenden Bergfried.

Stuttgarter Ibsen-Inszenierung bekommt Bayerischen Theaterpreis
München/Stuttgart (ddp-bwb). Der Bayerische Theaterpreis geht in diesem Jahr unter anderem an die Inszenierung von Henrik Ibsens «Brand» am Stuttgarter Staatstheater. Weitere der mit je 50 000 Euro dotierten Auszeichnungen erhalten Produktionen aus Berlin, Frankfurt und München. Die Preise werden am 28. November im Münchner Prinzregententheater verliehen, wie das bayerische Kunstministerium am Dienstag mitteilte.
«Brand» ist die erste Inszenierung von Hasko Weber am Stuttgarter Staatstheater. Premiere war im Februar, die Hauptrolle spielt Philipp Otto. Die «Stuttgarter Zeitung» hatte die Inszenierung nach der Premiere als «kleines Welttheater» und «große Theaterkunst » bezeichnet.
Den Bayerischen Theaterpreis erhalten außerdem die Inszenierung von Benjamin Brittens Oper «The Turn of the Screw» an der Komischen Oper Berlin, das von William Forsythe choreographierte Stück «A Room as it was» am Ballett Frankfurt am Main und die Produktion «Die drei Leben der Lucie Cabrol» von John Berger am Münchner Metropol-Theater.
Für ihr künstlerisches Lebenswerk wird die Schauspielerin Doris Schade mit einem Ehrenpreis ausgezeichnet. Erstmals in diesem Jahr wird auch ein mit 25 000 Euro dotierter Produktionspreis für Kinder- und Jugendtheater vergeben. Ihn erhält das Theater Mummpitz Nürnberg für "Salto und Mortale» von Jean-Paul Denizon.