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Musikindustrie: Wege aus der Absatzkrise +++ Musikdienste im Web: Dürftiges Angebot zu horrenden Preisen
Musikindustrie: Wege aus der Absatzkriseorf - Nach drei Krisenjahren hat die Musikindustrie auf der Kölner Musikmesse Popkomm in diesem Jahr einen Silberstreif am Horizont gesichtet: Mit der Musik-DVD, einer Verfeinerung der Kopierschutzsysteme und einem langfristig angelegten Aufbau neuer Künstler soll der allein in diesem Jahr drastische Absatzeinbruch überwunden werden.
Die Präsidenten der großen Plattenfirmen von BMG, EMI, Warner, Sony und Universal waren sich darüber auf einer Podiumsdiskussion weit gehend einig. Nur was der mobilisierende neue Musiktrend werden könnte, das wussten sie auch nicht zu sagen.
"Wenn der neue Trend kommt, soll er vorbeikommen und sich vorstellen", hatte Rapper Smudo von der Gruppe "Die fantastischen Vier" auf einer anderen Popkomm-Veranstaltung gefrotzelt. Warner-Deutschland-Präsident Bernd Dopp will einfach abwarten, ob es so etwas wie New Wave oder Punk wieder geben wird, eben, "was die zornigen jungen Menschen machen werden".
Universal-Chef Tim Renner ist ziemlich sicher, dass sich neue Songwriter mit glaubwürdigen Texten und starker künstlerischer Ausstrahlung demnächst stärker durchsetzen werden. "Das Gute an der Krise: Die Kirchen füllen sich. Die Leute suchen nach Zuwendung, Trost."
Musik könne dies durch Emotionalisierung bieten. Voraussetzung sei, dass der Künstler glaubwürdig sei und etwas zu sagen habe. EMI-Chef Udo Lange stimmte zu: Das Künstlerische werde wieder mehr betont, man dürfe nicht nur auf den kurzfristigen Chart-Erfolg hinarbeiten.
Aber der bleibt dennoch im Blickfeld. Kritik an Bands wie No Angels und Bro\'Sis wiesen alle Musikbosse - neben Lange, Dopp und Renner saßen auch BMG-Chef Thomas Stein und Sonychef Balthasar Schramm auf dem Podium - zurück. Diese über Fernsehshows zusammengestellten Bands arbeiteten hart für ihren Erfolg.
Aber, sagte Renner, man müsse etwas gegen den Einheitsbrei unternehmen - und dachte dabei wohl auch an die Quotierungs-Offensive, mit der die Industrie öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten dazu verpflichten will, 50 Prozent Neuheiten und deutsche Produktionen zu spielen.
Vielfalt sei notwendig, die Schramm auch so definierte: Man müsse sich um langfristig erfolgreiche Künstler bemühen und einen Katalog aufbauen, der auch noch in 10 und 20 Jahren Wert besitze.
Selten einmütig betonten die fünf Präsidenten, dass die Absatzkrise gemeinsam gelöst werden müsse. Dabei gab es gelegentlich freilich Differenzen: Stein hält Renners Projekt "www.popfile.de", bei dem man sich Universal-Titel gegen Gebühr legal herunterladen und dann auch auf verschiedenen Formaten nutzen darf, als "Insellösung" für problematisch. Dopp plädierte ebenfalls für Firmen übergreifende Plattformen. Dass die Krise durch das Schwarzbrennen von Musik-CDs eingetreten sei, wurde allseits bekräftigt.
Die Novelle des Urheberrechts, die wohl nicht mehr vor der Bundestagswahl verabschiedet wird, sei ein wichtiger Zwischenschritt nach vorne. Dann dürften beispielsweise in Printmedien nämlich keine Tipps mehr veröffentlicht werden, wie Kopierschutz geknackt werden könne, sagte Schramm.
Musikdienste im Web: Dürftiges Angebot zu horrenden Preisen
München (ddp). Internetangebote der deutschen Musikindustrie sind offenbar schlecht und teuer. Zu diesem Ergebnis kommt das Web-Magazin «Chip Online». Mit Popfile.de und Musik-on-Demand stünden zwei Dienste zur Verfügung, die «ein dürftiges Angebot zum Teil zu unglaublichen Preisen verscherbeln». Der Kauf einer Original-CD sei meist deutlich günstiger. Bei Universals kürzlich gestartetem Musikdienst Popfile.de kostet ein Titel 99 Cent. Weiterhin kritisiert das Magazin, dass die Anbieter keine ausreichende Auswahl an Datei-Formaten zur Verfügung stellten. MP3 und WMA seien nach wie vor die am weitesten verbreiteten Formate, würden oft aber nur in modifizierter Form angeboten, so dass Kopien nicht möglich sind. Wer für Musik im Netz bezahlt, wolle diese jedoch auch auf portablen Playern hören. Deshalb müssten die Musikdateien frei nutzbar sein, sich also auch auf CD brennen lassen.
Wer weder für überteuerte Dienste Geld ausgeben noch auf illegale Quellen zurückgreifen will, dem blieben dennoch Alternativen wie www.tonspion.de und www.besonic.com. Diese Internetdienste böten eine ordentliche Auswahl mit einigen Stars und Raritäten. Zahlreiche Downloads fänden sich auch unter www.mp3.com, www.mp3.de, www.peoplesound.com, www.virtual-volume.com und www.vitaminic.de, in der Regel Musik von Nachwuchskünstlern ohne Plattenvertrag.